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Kabinettsbeschluss: "Grünes Licht" für neuen Wehrdienst - Gesetz soll ab 2025 in Kraft treten


Autor: Nadine Wüste, Agentur dpa

Berlin, Mittwoch, 06. November 2024

Die Bundeswehr will und braucht mehr Soldaten. Ab Mai 2025 soll ein neues Gesetz in Kraft treten, das alle jungen Männer, die nächstes Jahr 18 Jahre alt werden, betreffen würde. Für junge Frauen soll ein freiwilliges Angebot geschaffen werden.
Soldaten stehen beim Antrittsbesuch von Verteidigungsminister Pistorius beim militärischen Organisationsbereich (OrgBer) Cyber- und Informationsraum (CIR) am Standort Rheinbach auf dem Gelände.


Grünes Licht für die Wehrdienst-Pläne von Boris Pistorius: Das Bundeskabinett hat gesetzlichen Änderungen für die Einführung eines neuen Wehrdienstes in Deutschland zugestimmt. Das erklärte Ziel des SPD-Verteidigungsministers ist, dass alle jungen Männer, die ab dem kommenden Jahr 18 Jahre alt werden, über einen digitalen Fragebogen ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Militärdienst mitteilen müssen.

Junge Frauen haben die Möglichkeit, dies ebenfalls zu tun. "Das Gesetz zum Neuen Wehrdienst ermöglicht uns, die Wehrerfassung wieder zu installieren, die es seit Aussetzung der Verpflichtung zum Grundwehrdienst 2011 nicht mehr gibt. Wenn es morgen zum Verteidigungsfall käme, wüssten wir nicht, wen wir einziehen könnten, weil es keine vollständige Datengrundlage gibt", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur vor der Entscheidung.

Personalsorgen der Bundeswehr haben zugenommen - zudem veränderte Sicherheitslage

Mit der Aussetzung des Wehrdienstes sind Wehrerfassung und Wehrüberwachung zerschlagen worden, obwohl der Staat gesetzlich dazu verpflichtet ist. Die Wehrpflicht wurde 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt. Dies entsprach einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst, denn gleichzeitig wurden nahezu alle Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst.

Im Wehrpflichtgesetz ist jedoch weiterhin festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer wieder aktiv wird, wenn der Bundestag Spannungs- oder Verteidigungsfall feststellt, ohne dass nach 2011 noch konkrete Vorbereitungen für eine solche Situation getroffen wurden. Personalsorgen der Bundeswehr haben zuletzt zugenommen und die Zahl der Soldaten ist mit Stand Juni sogar unter 180.000 Männer und Frauen gesunken. Es gibt zudem rund 60.000 beorderte – also fest eingegliederte – Reservisten. 

Aufgrund der veränderten Sicherheitslage ist der Bedarf Deutschlands für die Nato-Ziele jedoch ein anderer. "Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert langfristig einen Verteidigungsumfang von insgesamt rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein großer Teil davon, nämlich rund 260.000, muss aus der Reserve aufwachsen können", sagt Pistorius. Dazu einige Zahlen: In der Bundeswehr gibt es aktuell etwa 15.000 Plätze für die Ausbildung freiwillig Wehrdienstleistender, von denen regelmäßig 5.000 unbesetzt sind. Das stellt den Ausgangspunkt dar, den es zunächst zu füllen gilt. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder spricht sich für einen neuen Wehrdienst aus.

Neue Wehrdienst-Pläne: So sollen Soldaten gewonnen werden

Der Plan: Jedes Jahr sollen 3.000 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden. Ein Jahrgang in Deutschland zählt etwa 650.000 Menschen, also mehr als 300.000 junge Männer. Die Militärplaner sind überzeugt, mit dem Konzept des verpflichtenden Fragebogens und einem freiwilligen Dienst eine ausreichende Anzahl an Bewerbern gewinnen zu können. Von einer Wehrpflicht – wie sie im Kriegsfall wieder in Kraft treten würde – bleibt damit wenig übrig.

Dennoch baut die Regierung wieder Strukturen auf und macht auch Frauen ein Angebot, ohne das Grundgesetz zu ändern. "Wir versenden einen digitalen Fragebogen. Junge Männer, die 18 Jahre alt werden, sind verpflichtet, ihn auszufüllen. Damit erheben wir die nötigen Daten, die wir für eine Erfassung brauchen. Die Musterung eines ganzen Jahrgangs ist nicht nötig", sagt Pistorius.

"Auch die gleichaltrigen Frauen bekommen den digitalen Fragebogen. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, ihn auszufüllen, da es im Grundgesetz nur eine Wehrpflicht für Männer, nicht aber für Frauen gibt." Die Basisausbildung für den neuen Wehrdienst soll sechs Monate dauern - mit der Option, für Spezialisierungen auf bis zu 23 Monate verlängern zu können.

Gesetz soll im Mai 2025 kommen

Ein Sold von mindestens 1.800 Euro, je nach Umständen bis zu 200 Euro mehr, steht im Raum. Der weitere Zeitplan ist ambitioniert und im Verteidigungsministerium hofft man, dass er nicht unter den Trümmern einer möglichen zerfallenden Ampel-Koalition verschüttet wird. Der neue Wehrdienst wird im Bundestag und Bundesrat diskutiert. Es gilt als möglich, dass das Gesetz im Mai kommenden Jahres in Kraft treten könnte.

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