Etat 2023: Erster Schritt zur Aussetzung der Schuldenbremse
Autor: Theresa Münch, dpa
, Montag, 27. November 2023
Es ist die erste weitreichende Konsequenz aus dem Karlsruher Haushaltsurteil: Das Kabinett bereitet die Aussetzung der Schuldenbremse für 2023 vor.
Mit einer Reparatur auf den letzten Metern will die Bundesregierung den Haushalt des laufenden Jahres verfassungsfest machen. Das Kabinett brachte dafür am Montag einen Nachtragshaushalt auf den Weg - und leitete damit erste Schritte für die erneute Aussetzung der Schuldenbremse ein. Die Zeit drängt, denn Änderungen nach Jahresende wären angreifbar. Die endgültige Entscheidung soll daher noch vor Weihnachten im Bundestag fallen.
«Mit dem Nachtragshaushalt 2023 ziehen wir die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts», erklärte Finanzminister Christian Lindner. Es würden aber keine zusätzlichen Schulden aufgenommen, betonte er. Aus dem Ministerium des FDP-Chefs hieß es: «Es geht um die Heilung eines Rechtsverstoßes, der eintreten würde, wenn wir jetzt nichts machen würden.»
Stimmt der Bundestag zu - und zieht die Opposition nicht vor Gericht - dürfte das Problem mit dem Haushalt 2023 damit vom Tisch sein. Doch die Zukunft wichtiger Vorhaben für mehr Klimaschutz und die Entwicklung einer CO2-neutralen Wirtschaft ist genauso weiter umstritten wie das Schicksal der Schuldenbremse.
Bereits ausgegebene Kredite absichern
Ein Nachtragshaushalt ist eine nachträgliche Veränderung eines bereits vom Parlament beschlossenen Etats. Damit will die Ampel-Regierung nun Kredite rechtlich absichern, die für die Energiepreisbremsen sowie zur Unterstützung von Flutopfern in diesem Jahr bereits genutzt wurden. Es geht um rund 45 Milliarden Euro. Nach dem Karlsruher Urteil ist klar, dass die Regierung diese Kredite ohne Weiteres nicht hätte aufnehmen dürfen.
Die Richter entschieden, dass der Bund sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen darf. Genau das hat er nach Auffassung von Experten im Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für die Energiepreisbremsen und im Fonds zur Fluthilfe aber gemacht. Nun sollen 43,2 Milliarden Euro im WSF und 1,6 Milliarden Euro an Aufbauhilfen nachträglich auf rechtlich sichere Füße gestellt werden.
Notlage soll mit Energiekrise begründet werden
Voraussetzung für all das ist, dass der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage erklärt und so zum vierten Mal in Folge die Schuldenbremse aussetzt. In den vergangenen Jahren hatte das Parlament dies zuerst mit der Corona-Krise und dann mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die deutschen Staatsfinanzen begründet.
Ähnlich soll auch dieses Mal argumentiert werden: Die tiefgreifenden humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen des Krieges beeinträchtigten auch im Jahr 2023 erheblich die staatliche Finanzlage. Auch die Beseitigung der Flutschäden vom Sommer 2021 sei noch nicht erledigt.