Innenpolitiker beklagen Lücken im Zivilschutz
Autor: Anne-Beatrice Clasmann, dpa
, Montag, 12. Februar 2024
Bei Katastrophen ruft man gerne nach der Amtshilfe der Bundeswehr. Doch wer schützt Bevölkerung und Infrastruktur in unfriedlichen Zeiten? Auf diese Frage wird eine konkrete Antwort noch gesucht.
Für den Schutz der deutschen Zivilbevölkerung im Kriegs- oder Spannungsfall müsste vor dem Hintergrund der veränderten Sicherheitslage in Europa aus Sicht von Innenpolitikern viel mehr getan werden. «Deutschland ist auch zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Bereich zivile Verteidigung erschreckend schlecht aufgestellt», sagt die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz.
Auch der Grünen-Innenpolitiker Leon Eckert fordert: «Wer Menschenleben im Kriegsfall schützen will, muss in dieser veränderten Sicherheitslage den Zivilschutz deutlich stärken.» Diese Botschaft sei leider «trotz Zeitenwende noch nicht überall angekommen».
Darüber, wer für diese Defizite die Verantwortung trägt, gehen die Meinungen jedoch auseinander. Während Eckert auf die Länder verweist, sieht die CSU-Politikerin Lindholz hier vor allem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in der Pflicht. Um den Katastrophenschutz müssen sich in Deutschland die Länder kümmern. Für den Schutz der Bevölkerung im Kriegs- oder Spannungsfall ist der Bund zuständig.
Neuer Plan für die Gesamtverteidigung
Unter der Federführung der Bundeswehr wird aktuell ein neuer Operationsplan Deutschland (OPLAN) für die gesamtstaatliche Verteidigung des Bundesgebiets erstellt. In dem Plan, der bis Ende März fertig sein soll, wird festlegt, wie im Spannungs- und Verteidigungsfall gemeinsam vorgegangen werden soll.
Dabei geht es um den Schutz der Bevölkerung und die Verteidigung der Infrastruktur sowie den Schutz eines Truppenaufmarsches der Nato. Zu den Überlegungen, die dazu angestellt werden, zählt dem Vernehmen nach beispielsweise, dass im Falle eines aktuellen oder unmittelbar drohenden Angriffs auf das Bundesgebiet von außerhalb zivile Stellen nicht nur Unterstützungsmaßnahmen für die Bundeswehr leisten sollen, sondern gegebenenfalls auch für verbündete Streitkräfte.
Dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der als früherer Innenminister von Niedersachsen Erfahrungen mit Fragen des Zivilschutzes habe, nun einen neuen Plan für die Gesamtverteidigung erarbeiten lasse, sei gut, sagt Lindholz. «Man fragt sich allerdings, wo die Bundesinnenministerin mit entsprechenden Plänen zum Zivilschutz bleibt», fügt sie hinzu.
Zuständigkeiten und Finanzierung müssen geklärt werden
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums teilt auf Anfrage mit, das Ministerium und das ihm unterstellte Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) begleiteten die vom Verteidigungsministerium und dem Territorialen Führungskommando der Bundeswehr begonnene Erstellung des Operationsplans Deutschland eng. Die erforderlichen Abstimmungsarbeiten mit weiteren beteiligten Bundesressorts und den Landesinnenministerien dazu liefen noch.