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Immer mehr Deutsche sind Alkoholiker - Zahlen aus Bayern überraschen


Autor: Gwendolyn Kaiser, Agentur dpa

Deutschland, Donnerstag, 25. Januar 2024

Etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland erhielten 2022 die Diagnose "Alkoholsucht" – eine Studie zeigt einen Anstieg. Beim Bundesländer-Vergleich gibt es Überraschungen.
Etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland erhielten im Jahr 2022 die Diagnose "Alkoholsucht" - eine neue Studie zeigt einen deutlichen Anstieg. Beim Vergleich mit anderen Bundesländern gibt es aus bayerischer Sicht eine Überraschung.


In Deutschland wurden 2022 etwa 1,06 Millionen Männer und 467.000 Frauen beim Arzt oder in der Klinik mit einer Alkoholsucht diagnostiziert. Das ergab eine aktuelle Analyse des Barmer Instituts für Gesundheitsforschung (bifg).

Bundesweit stellt die Barmer-Analyse einen Anstieg von Personen, die ambulant oder stationär mit dieser Diagnose behandelt werden. Regional bestehen jedoch viele Unterschiede, die medizinisch nicht erklärbar sind, wie Barmer-Chef Alfred Kindshofer mitteilt.

So viele Bayern sind Alkoholiker - doch die meisten Probleme hat nicht der Süden 

Rund 217.000 Bayern wurden im Jahr 2022 ambulant oder stationär mit einer Alkoholsucht behandelt. Somit waren 1,62 Prozent der bayerischen Frauen und Männer betroffen. Überraschend: Der Freistaat liegt hierbei aber noch unter dem bundesweiten Durchschnitt, der bei 1,71 Prozent lag. Und das, obwohl Bayern und Bier traditionell unzertrennbar miteinander verbunden sind. 

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„Sowohl das Suchtpotenzial als auch die gesundheitlichen Risiken von Alkohol werden von vielen unterschätzt. Das hat auch damit zu tun, dass Alkohol in Deutschland ein Kulturgut und gesellschaftlich akzeptiert ist. Dabei ist Alkohol ein Zellgift, das für die Entstehung von mehr als 200 Krankheiten mitverantwortlich ist“, berichtet Kindshofer.

Auch in anderen südlichen Bundesländern ist der Anteil der Betroffenen im Vergleich zu den nördlichen Bundesländern niedrig. So waren im Saarland 1,71 Prozent, in Hessen 1,51 Prozent und in Baden-Württemberg 1,50 Prozent betroffen. Mit 1,45 Prozent gibt es in Rheinland-Pfalz die wenigsten alkoholsüchtigen Menschen.

Regionale Unterschiede: Höchste Rate in Mecklenburg-Vorpommern

Anteilsmäßig am meisten betroffen waren den Daten zu Diagnosen zufolge 2022 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern mit 2,35 Prozent der Bevölkerung, gefolgt von Bremen mit 2,28 Prozent, Berlin mit 2,14, Sachsen mit 2,13 und Hamburg mit 2,08 Prozent. In Thüringen waren es 1,96 und in Brandenburg und Sachsen-Anhalt jeweils 1,95 Prozent.

In Schleswig-Holstein verließen 1,91 Prozent mit diagnostizierter Alkoholabhängigkeit Praxis oder Klinik und in Niedersachsen 1,85 Prozent. Nordrhein-Westfalen weist - ähnlich wie im Süden - einen geringeren Anteil an Betroffenen auf: Hier sind 1,56 Prozent der Bevölkerung alkoholsüchtig.

Gezählt wurden die Barmer-Abrechnungsdaten der stationären und der ambulanten vertragsärztlichen Diagnosen. Verdachtsfälle sind nicht enthalten. Im Anschluss wurden die Daten der Kasse mit rund neun Millionen Versicherten auf den Bund hochgerechnet.

Bundesweiter Anstieg: Ältere Menschen öfter alkoholabhängig

Im Jahr 2021 waren es der Hochrechnung zufolge 1,04 Millionen Männer und 462.000 Frauen, bei denen Alkoholabhängigkeit diagnostiziert wurde, 2017 rund eine Million Männer und 453.000 Frauen.

Allerdings ist dabei nicht berücksichtigt, ob die Diagnose heutzutage von Ärztinnen und Ärzten eventuell eher gestellt wird als in früheren Jahren. Rückschlüsse auf die Zahl der Alkoholabhängigen insgesamt - also auch die ohne ärztliche Diagnose - lassen sich nur bedingt ziehen.

Vor allem bei Menschen, die in den 50er- und 60er Jahren geboren wurden, wurde eine Alkoholabhängigkeit festgestellt. Alkoholismus entwickle sich über viele Jahre, so Kindshofer. Er betont außerdem die Wichtigkeit, dass "die Betroffenen eine passgenaue Hilfe suchen und bekommen". Alkohol-Selbsttests können bei einem Verdacht schon Abhilfe schaffen. Möglich ist auch, sich einen ärztlichen Rat einzuholen oder eine Suchtberatung und Selbsthilfegruppen aufzusuchen.

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