Hausaufgabe für den Finanzminister
Autor: Matthias Litzlfelder
Bamberg, Donnerstag, 16. April 2015
Die Abschaffung der kalten Progression sollte jetzt endlich angegangen werden, meint unser Kommentator.
Es ist eine populäre Forderung, die Deutschlands führende Wirtschaftsforscher am Donnerstag in ihrem Frühjahrsgutachten gestellt haben: Die kalte Progression müsse beseitigt werden. Jene heimliche Steuererhöhung im Rahmen der Einkommensteuer, die dann entsteht, wenn eine Lohnerhöhung durch die Kombination aus ansteigendem Steuertarif und Inflationsrate real zunichte gemacht wird.
Sämtliche Regierungen schieben diese Baustelle nun schon seit vielen Jahren vor sich her. Kein Wunder. Wer solche Steuerentlastungen im Einkommensteuerrecht anpackt, muss mit Einnahmeausfällen für die Staatskasse rechnen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Es könnte sich Schätzungen zufolge um eine Summe von rund fünf Milliarden Euro handeln.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Angesichts der glänzenden Haushaltslage hat der Finanzminister nun aber kaum noch eine Ausrede, die schon 2009 im Wahlprogramm der Unionsparteien angekündigte "Minderung der kalten Progression" endlich anzugehen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mehr als 50 Milliarden Euro an Überschüssen werde der Staat bis 2016 voraussichtlich erwirtschaften, sagen die Experten. Da sollte für zwei Dinge etwas übrig sein: Schuldenabbau und Steuersenkungen.
Eine deutlich verringerte Progression im Eingangsbereich des Steuertarifs würde vor allem kleine und mittlere Einkommen entlasten. Die Kaufkraft würde steigen und der private Konsum weiter zulegen. Wer diese Steuerentlastung ablehnt, weil infolge niedriger Inflation das Problem der kalten Progression derzeit kaum spürbar ist, denkt zu kurzfristig. Die Inflation wird wieder steigen, so sicher wie auch der Ölpreis. Dann sollte der Finanzminister seine Hausaufgaben gemacht haben.