Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft
Autor: Andreas Hoenig und Jacqueline Melcher, dpa
, Mittwoch, 21. Februar 2024
Deutschland komme langsamer aus der Krise als erhofft, sagt Habeck. Das habe viele externe Ursachen. Es gibt aber auch viele hausgemachte Probleme.
Deutschland steckt in einer Wachstumskrise - und die Aussichten für die Wirtschaft sind trübe. Die deutsche Wirtschaft sei in einem «schweren Fahrwasser», sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. «Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft.» Habeck legte den Jahreswirtschaftsbericht vor. Die Regierung erwartet für dieses Jahr nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. In der Herbstprognose rechnete sie noch mit einem Plus von 1,3 Prozent. Auch für die kommenden Jahre warnt die Regierung vor mageren Wachstumsaussichten.
Wirtschaft in schwieriger Lage
Im vergangenen Jahr rutschte Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession. Habeck sagte, zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine laste der Krieg weiter auf der deutschen Wirtschaft - auch wegen der früher starken Abhängigkeit von russischen Energielieferungen.
Weitere Gründe für das schwache Wachstum: Der starken deutschen Exportwirtschaft macht eine schwache Weltkonjunktur zu schaffen. Die gestiegenen Zinsen hätten zudem zu weniger Investitionen geführt - das belastet vor allem den Bau. Habeck nannte außerdem einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand - und Sparzwänge des Bundes infolge eines Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums die Bundesregierung dazu auf, die Probleme anzugehen. RTL/ntv sagte er nach Angaben des Senders: «Es ist keine Frage: Wenn wir 0,2 Prozent Wachstum aufweisen für das laufende Jahr, dann ist das zu wenig. Ich glaube, das sieht die Bundesregierung ganz genauso. Deshalb muss das ein Kernthema sein. Ist doch völlig klar.»
Inflation schwächt sich ab
Immerhin: es gibt auch gute Nachrichten. Die Inflation sei gezähmt, so Habeck. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte in diesem Jahr auf 2,8 Prozent fallen. In den vergangenen Jahren habe die Inflation Lohnsteigerungen aufgefressen. Die Lohnzuwächse lägen in diesem Jahr aber über der Inflationsrate. Die Erwartung ist, dass Beschäftigte das Geld auch ausgeben und damit den privaten Konsum ankurbeln. Auch Habeck verwies aber auf Unsicherheiten in der Bevölkerung, wie es mit der Wirtschaft weitergehe - und wie hoch die nächste Gas- oder Stromrechnung wirklich ausfalle.
Verbände: Deutschland immer weniger wettbewerbsfähig
Wirtschaftsverbände klagen darüber, dass Deutschlands Firmen international immer weniger wettbewerbsfähig seien - wegen einer im internationalen Vergleich hohen Steuerlast oder hoher Energiekosten. Habeck sprach von Problemen, die sich über viele Jahre angehäuft hätten. Konkret geht es um eine teilweise marode Verkehrsinfrastruktur, Mängel bei der Digitalisierung zum Beispiel in der Verwaltung, überbordende Bürokratie, Probleme im Bildungswesen - und die zunehmende Alterung der Gesellschaft.
«Das größte strukturelle Problem ist die Lücke an Fachkräften und Arbeitskräften», sagte Habeck. «Es fehlt an allen Ecken und Kanten.» Offiziell seien 700.000 offene Stellen in Deutschland gemeldet, die Dunkelziffer sei aber weitaus höher.