"Also Entschuldigung, wo leben wir eigentlich?": Scholz und Pistorius wettern wegen Grönland gegen Trump
Autor: Agentur dpa, Redaktion
Berlin, Mittwoch, 08. Januar 2025
Der designierte US-Präsident Donald Trump will auf jeden Fall Grönland, dann vielleicht noch den Panamakanal und Kanada. In Deutschland sorgt das für Empörung - sogar Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte ungewohnt heftig auf die Pläne.
Ungewohnt scharfe Töne wegen umstrittener Aussagen zu Grönland: Knapp zwei Wochen vor der Vereidigung Donald Trumps als US-Präsident ist Bundeskanzler Olaf Scholz erstmals auf Konfrontationskurs zu dem Republikaner gegangen.
Nach den Gedankenspielen Trumps zu einer territorialen Ausbreitung der USA erinnerte Scholz ihn auf offener Bühne an die Unverletzlichkeit von Grenzen. "Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden", sagte er ohne Trump ausdrücklich zu erwähnen. Das Prinzip der Unverletzlichkeit gelte für jedes Land, egal ob es im Osten oder im Westen liege. Trump hatte wiederholt Begehrlichkeiten mit Blick auf das zum dänischen Königreich zählende Grönland geäußert. Auch auf Kanada hatte er zuletzt immer wieder öffentlich geschielt und das Nachbarland im Norden als möglichen "51. Bundesstaat" der USA beschrieben.
Grönland zu den USA - Scholz erinnert Trump an Unverletzlichkeit der Grenzen
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Florida hatte Trump mit Blick auf Grönland auch den Einsatz militärischer Mittel nicht ausgeschlossen. Scholz telefonierte daraufhin am Mittwoch mit EU-Ratspräsident António Costa, der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Auch mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron war er in Kontakt. Die weitgehend eisbedeckte Insel Grönland ist ein autonomes Territorium Dänemarks und gehört damit zu einem Land, das wie die USA und Kanada Nato-Mitglied ist.
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Scholz sagte in einem kurzfristig anberaumten Presse-Statement, in seinen Gesprächen mit den europäischen Partnern habe es "ein gewisses Unverständnis" über gewisse Äußerungen aus den USA gegeben. Er nannte Trump aber nicht beim Namen. Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen zähle zum Kernbestand dessen, "was wir westliche Werte nennen". Scholz: "Daran kann und daran darf es kein Rütteln geben." Der Kanzler hatte seit der US-Wahl 5. November kritische Äußerungen zum Wahlsieger Trump zunächst vermieden und seinen Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit erklärt. Nach seinen beiden Telefonaten mit dem künftigen US-Präsidenten betonte er, dass er vor allem in der Ukraine-Politik eine gemeinsame Linie sehe. Jetzt gibt es den ersten Ärger zwischen den beiden.
Mittlerweile hat sich auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zu den Trump-Plänen geäußert. "Also Entschuldigung, wo leben wir eigentlich?", sagte SPD-Politiker am Mittwochabend bei einer Wahlkampfveranstaltung in Marburg. Das Völkerrechtsprinzip, dass Grenzen nicht angetastet werden dürften einseitig, "nur weil man es kann", gelte für alle. "Das gilt nicht nur für Autokraten wie Putin, das gilt doch wohl erst recht für den Führer der freien Welt, so wie man den amerikanischen Präsidenten jahrzehntelang zurecht genannt hat", sagte Pistorius.
Mehr Geld für die Nato? Scholz schweigt zu 5-Prozent-Ansage
Auf eine weitere aufsehenerregende Äußerung Trumps auf der Pressekonferenz in Mar-a-Lago in Florida ging Scholz nicht ein. Der US-Präsident hatte die Nato-Bündnispartner auch dazu aufgefordert, künftig fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. "Sie können es sich alle leisten", sagte er. Die Nato-Staaten hatten sich 2014 zum Ziel gesetzt, zwei Prozent des BIP in die Verteidigung zu investieren. Angesichts der russischen Bedrohung wird in der Nato schon seit längerem über eine Anhebung des Ziels diskutiert, aber eher auf Werte zwischen 2,5 und 3,5 Prozent.
Deutschland hat im vergangenen Jahr erstmals die zwei Prozent erreicht und liegt nach der jüngsten Nato-Statistik vom Juni bei 2,12 Prozent. Scholz' Sprecher Steffen Hebestreit reagierte auf die Forderung nach fünf Prozent zurückhaltend. "Es gibt dazu ein eingespieltes Verfahren auf Ebene der Nato und dieses Verfahren, das läuft gerade", sagte er. "Wenn dann die Ergebnisse vorliegen, beugt man sich politisch darüber und dann bewertet man sie und zieht die nötigen Schlüsse."