Gitarren-Guru Gilmour vergreift sich in Stuttgart

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David Gilmour.Foto: Rock-O-Foto
David Gilmour.Foto: Rock-O-Foto
Erst strahlend blauer Himmel über dem Schlossplatz, der ab der zweiten Konzert in eine Lichtorgie eingetaucht wurde.Foto: Rock-O-Foto
Erst strahlend blauer Himmel über dem Schlossplatz, der ab der zweiten Konzert in eine Lichtorgie eingetaucht wurde.Foto: Rock-O-Foto
 
Nach Einbruch der Dunkelheit präsentierte sich die Band dann so.Foto: Ralf Kestel
Nach Einbruch der Dunkelheit präsentierte sich die Band dann so.Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Seit Jahrzehnten Weggefährten: Guy Pratt (Bass) und Steve DiStanislao (Drums). Foto: Rock-O-Foto
Seit Jahrzehnten Weggefährten: Guy Pratt (Bass) und Steve DiStanislao (Drums). Foto: Rock-O-Foto
 
Einer von vielen Gitarrenwechseln. Der Autor hat beim 20. Mal aufgehört zu zählen.Foto: Rock-O-Foto
Einer von vielen Gitarrenwechseln. Der Autor hat beim 20. Mal aufgehört zu zählen.Foto: Rock-O-Foto
 
Greg Phillinganes (Key), Joao Mello (Sax) und Chestar Kamen (Git.)
Greg Phillinganes (Key), Joao Mello (Sax) und Chestar Kamen (Git.)
 
Die runde Riesen-Leinwand gehört seit Floyd-Zeiten zur Show.Foto: Rock-O-Foto
Die runde Riesen-Leinwand gehört seit Floyd-Zeiten zur Show.Foto: Rock-O-Foto
 
Vom Gospel bis zum Lustschrei: Bryan Chambers, Lucy Jules und Louise Marshall, die drei Backgrund-Sänger. Foto: Rock-O-Foto
Vom Gospel bis zum Lustschrei: Bryan Chambers, Lucy Jules und Louise Marshall, die drei Backgrund-Sänger. Foto: Rock-O-Foto
 
Die Bandmitglieder hat spür- und sichtbar ihren Spaß am Auftritt.Foto: Rock-O-Foto
Die Bandmitglieder hat spür- und sichtbar ihren Spaß am Auftritt.Foto: Rock-O-Foto
 
Seit Jahren mit den Rolling Stones, aber auch Eric Clapton oder Georg Harrison unterwegs: Chuck Leavell. Foto: Rock-O-Foto
Seit Jahren mit den Rolling Stones, aber auch Eric Clapton oder Georg Harrison unterwegs: Chuck Leavell. Foto: Rock-O-Foto
 
Der Meister: David Gilmour, erst kurzärmelig, dann im Pulli.Foto: Rock-O-Foto
Der Meister: David Gilmour, erst kurzärmelig, dann im Pulli.Foto: Rock-O-Foto
 
 
Fender bevorzugt: David Gilmour.Foto: Rock-O-Foto
Fender bevorzugt: David Gilmour.Foto: Rock-O-Foto
 
Ein Video lief im Hintergrund zu "Shine on you crazy diamond".Foto: Ralf Kestel
Ein Video lief im Hintergrund zu "Shine on you crazy diamond".Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 
Foto: Ralf Kestel
Foto: Ralf Kestel
 

Viele Zuhörer auf dem Schlossplatz staunten zunächst, dass anstelle von Pink-Floyd-Werken eigenes Material im Mittelpunkt stand

Für viele Besucher, besonders denen in den VIP-Lounges, war es ein Fehlgriff. Der Hauptdarsteller bediente ihre Erwartungshaltung nicht. Frechheit! Dabei distanziert sich David Gilmour (70) ganz bewusst vom Image des "The voice and guitar of Pink Floyd", wie im Programm für die Welttournee nachzulesen ist. Gilmour macht sein eigenes Ding. Soll heißen: Solowerke standen im Mittelpunkt des exakt dreistündigen Konzertes am Donnerstagabend auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

"Rattle that lock" heißt das aktuelle Machwerk, das der Brite in seinem Studio auf einem Hausboot an der Themse in neun Jahren Arbeit zusammen bastelte. Fast alle Stücke daraus gehören zum Programm, was Menschen, die sich mit Gilmour und Pink Floyd nur oberflächlich beschäftigten, natürlich verschreckt. Zwar wird der erste, lupenreine Gitarrenzupfer (des Instrumental-Intros "5am") noch heftig beklatscht, dann macht sich aber eine Mischung aus Staunen und Ratlosigkeit breit. Erst mit "Wish you were here" fängt die Gruppe, die mit fantastischen Musikern wie Chester Kamen (Gitarre), Chuck Leavell und Greg Phillinganes (Keyboards) sowie den langjährigen Weggefährten Guy Pratt (Bass und Steve DiStansilao (Schlagzeug) besetzt ist, die Skeptiker ein. Dabei verdienen Werke wie "Faces of stone", "A boat lies waiting" oder "In any tongue" durchaus eine intensivere Beschäftigung.

Denn allein durch sein brillantes Gitarrenspiel erhebt Gilmour seine Songs in den Rang eines Kunstwerkes. Zweifelsohne verleiht die Mischung aus Fingerfertigkeit und Klangwahn Gilmour einen besonderen Rang im Olymp der Rockgitarristen.

Das saubere Spiel, das Ziehen der Saiten bis an die Grenze deren Belastbarkeit gepaart mit Batterien an Effektgeräten verschmilzt zu einem Alleinstellungsmerkmal. Dabei nutzt Gilmour jedes seiner (vielen) Soli zum Anlauf in die Welt des übernatürlichen Klanges. Eine Aufgabe, der er sich mit 70 Jahren noch stellt, daran tüftelt und experimentiert, eine Herausforderung für die Ewigkeit.


In zwei Minuten ausverkauft

Und was hat der Zuhörer davon? Im Gegensatz zu vielen anderen gitarren-lastigen Konzerten wird es ihm zu keiner Sekunde langweilig.

Von den Psychedelic-Trips, die Pink Floyd in den Rock-Olymp katapultierten, ist nicht mehr viel übrig. Berauscht waren die Besucher dennoch ob der Klangfülle in Hi-Fi-Qualität und den Licht-Orgien (ab der zweiten Konzerthälfte). Großes Kino im intimen Theater, obgleich die Laser-Anlage komplett im Sattelschlepper blieb, was mit produktionstechnischen Gründen zusammenhing.

Denn der Schlossplatz war mit nur 6000 (Sitz-)Plätzen mit Abstand der kleinste Spielort auf der laufenden Welttour, die Gilmour zuletzt nach Verona und zurück nach Pompeji führte. Am Montag steht das zweite und letzte Gastspiel in Deutschland, in Wiesbaden, an.

Die Vergangenheit ganz abgeschüttelt hat der Ausnahme-Künstler freilich nicht. Mit "Fat old sun" griff er tief in die Klamottenkiste: Atom heart mother, 1970. Womit der Song älter war als viele Zuhörer. Aus dem Floyd-Repertoire wurden Werke bevorzugt, für die Gilmour verantwortlich zeichnete. Ob's um die Tantiemen geht?

Sein Streit mit dem einstigen Kollegen Roger Waters ist nicht erst seit der Veröffentlichung einer Biografie von Floyd-Schlagzeuger Nick Mason bekannt. Songs, wie "High Hopes" lassen da aber keinen Vermissens-Schmerz aufkommen.

Was dennoch zu denken gibt: War es die letzte Gelegenheit David Gilmour live zu erleben? Das Alter hinterlässt seine Spuren. Trotz Textmonitors hatte er einen Hänger bei "Shine on you crazy diamond" und - was schlimmer - bei "Run like hell" hat er sich glatt um einen Bund vergriffen.

Wenige Millimeter stürzten die Harmonie in den Abgrund. Kakophonie! Bassist Guy Pratt hat's sofort gemerkt, Gilmour auch schnell. Zumindest das (musikalische) Gehör lässt ihn (noch) nicht im Stich.