Tariftreue per Gesetz - Kritik an Entwurf von Bas
Autor: Basil Wegener, dpa
, Dienstag, 22. Juli 2025
Nur noch rund jeder zweite Beschäftigte arbeitet in Deutschland unter einem Tarifvertrag. Arbeitsministerin Bas legt nun ein Gesetz für mehr Tariftreue vor - und erntet prompt Kritik.
Unternehmen sollen ihre Beschäftigten bei Aufträgen des Bundes künftig nach Tarif bezahlen müssen. Sonst drohen ihnen nach einem neuen Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) empfindliche Strafen. Die Vorlage für ein Tariftreuegesetz gab Bas in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung, wie von dort verlautete. Die Arbeitgeber warnten vor einer «weiteren massiven Belastung für unsere Wirtschaft», der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte lediglich Details an dem Entwurf.
Ab einem Auftragswert von 50.000 Euro sollen Firmen ihren Beschäftigten nach den Plänen Entgelt, Weihnachtsgeld, Urlaube und Ruhezeiten wie in branchenüblichen Tarifverträgen gewähren müssen. Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Modernisierung der Infrastruktur
Bas wies auf die Bedeutung von Bundesaufträgen hin und speziell auf das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen Infrastruktur. «Für die Modernisierung von Brücken, Krankenhäusern, Schulbauten werden dann viele öffentliche Aufträge vergeben.» Dabei sei nun klar: «Lohn-Dumping mit Steuergeld schieben wir einen Riegel vor.» Für Start-ups solle «bei der Ausführung innovativer Lösungen» ein Schwellenwert von 100.000 Euro gelten, hieß es.
Über ein solches Gesetz wird seit langem diskutiert. Vor rund 30 Jahren waren noch drei von vier Arbeitsplätzen tarifgebunden; heute ist es nur noch jeder zweite. Die Ampel-Regierung hatte sich ein Tariftreuegesetz vorgenommen, aber vor allem wegen Vorbehalten der FDP nicht verwirklicht. In den meisten Bundesländern gibt es entsprechende Regelungen seit Längerem.
Arbeitgeber warnen vor Belastung
Der Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, kritisierte: «Der Entwurf des sogenannten Bundestariftreuegesetzes ist ein Etikettenschwindel.» Mit echter Tariftreue habe das nichts zu tun. «Denn Treue setzt Freiwilligkeit voraus, nicht staatlichen Zwang.» Das Gesetz zwinge Unternehmen in ein fremdes Tarifwerk. Vor allem kleinere Unternehmen würden belastet.
Die Gewerkschaften begrüßten den Entwurf. Doch machte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell auch Kritikpunkte deutlich - unter anderem, dass der Gesetzentwurf Aufträge zur Bedarfsdeckung der Bundeswehr ausdrücklich ausnimmt. Vor allem monierte Körzell, dass mit dem geplanten 50.000-Euro-Schwellenwert 27,5 Prozent der jährlich gut 22.000 vom Bund vergebenen Aufträge nicht unter die Tariftreuebestimmungen fielen. Einen «überfälligen Schritt» nannte den Gesetzentwurf die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier.
«Anreiz für mehr Tarifbindung»
Heute muss die öffentliche Hand laut Vergaberecht die günstigsten Anbieter beauftragen. «Wer keine tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewährt, kann aufgrund geringerer Personalkosten Angebote zu günstigeren Konditionen erstellen», heißt es im Entwurf. Das Tariftreuegesetz soll dafür sorgen, dass der Kostenwettbewerb zwischen den Anbietern nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.