GDL zählt Urabstimmung über unbefristete Streiks aus
Autor: Fabian Nitschmann und Matthias Arnold, dpa
, Dienstag, 19. Dezember 2023
Die nächste Eskalation im Tarifkonflikt bei der Bahn steht bevor: Um länger streiken zu können, hat die Bahngewerkschaft GDL eine Urabstimmung durchgeführt. Am Dienstag wird das Ergebnis erwartet.
Kurz vor den Feiertagen macht die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer unmissverständlich deutlich: Das neue Jahr wird auf der Schiene wohl ungemütlich beginnen. Eine klare Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder sprach sich bei einer Urabstimmung, die am Dienstag endete, für längere Arbeitskämpfe aus. Damit sind unbefristete Streiks nun möglich.
Schon am Morgen zu Beginn der Auszählung gab es wenig Zweifel, am späten Nachmittag stellte Gewerkschaftschef Claus Weselsky dann klar: «Die Mitglieder wollen Streiks.» An die Fahrgäste ging die Warnung, dass die bisherigen Warnstreiks nur Vorgeplänkel gewesen seien: «Was jetzt kommt wird kräftiger, länger und härter für die Kunden.»
GDL-Chef hat nun freie Hand
Mit der Urabstimmung hat GDL-Chef Claus Weselsky freie Hand, im neuen Jahr die Bahn auch über mehrere Tage hinweg zu bestreiken. Konkrete Termine oder eine mögliche Dauer vermied der GDL-Chef. Er will aber zunächst nicht unbefristet streiken, sagte er in Frankfurt. Doch dass sich Fahrgäste noch im Januar auf weitere Arbeitskämpfe gefasst machen müssen, hat Weselsky bereits angekündigt.
Die Gewerkschaft erneuerte ihr Versprechen, bis einschließlich 7. Januar nicht zu Arbeitskämpfen aufzurufen. Danach aber endet der «Weihnachtsfrieden» im laufenden Tarifkonflikt. Man müsse auch nicht zwangsläufig streiken, erklärte der GDL-Chef und verwies auf verhandlungsbereite Bahn-Konkurrenten. Von der Deutschen Bahn seien aber bislang keine Signale gekommen.
Rekordergebnis bei Urabstimmung
Bei der Bahn und dem Eisenbahnunternehmen Transdev stimmten 97 Prozent der teilnehmenden Mitglieder für Streiks, nach gewerkschaftlichen Angaben ein Rekordergebnis. Für unbefristete Streiks waren laut Satzung 75 Prozent Zustimmung nötig. Nur so kann gewährleistet werden, dass eine breite Mehrheit der Mitglieder die Strategie der Gewerkschaftsführung auch unterstützt. Laut Weselsky lag die Wahlbeteiligung bei mehr als 70 Prozent.
Bereits zweimal hat die GDL im laufenden Tarifkonflikt bei der Bahn zum Ausstand aufgerufen - einmal für 20 und einmal für 24 Stunden. Bei beiden Warnstreiks kam es zu weitreichenden Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr, die allerdings je nach Region sehr unterschiedlich ausfielen. Sollte es jetzt zu längeren Streiks kommen, werde die GDL diese 48 Stunden vor Beginn ankündigen, sagte Weselsky.
Insgesamt gab es in diesem Jahr viermal Warnstreiks bei der Bahn. Vor der GDL verhandelte sie monatelang mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die mit der GDL im bundeseigenen Konzern um Mitglieder konkurriert. Zwei Mal musste die Bahn den Fernverkehr dabei sogar vollständig einstellen. Das war bei der GDL bisher nicht der Fall.