Bahn-Tarifstreit: Gesprächsabbruch und neue Warnstreiks
Autor: Fabian Nitschmann, Carla Benkö und Matthias Arnold, dpa
, Freitag, 24. November 2023
Im Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der Gewerkschaft GDL ist ein Tiefpunkt erreicht: Nach nur zwei Gesprächsrunden erklärte GDL-Chef Weselsky die Verhandlungen für gescheitert. Auf Fahrgäste kommen stressige Wochen zu.
Die Hoffnung auf eine schnelle Einigung im Tarifstreit der Deutschen Bahn hat sich am Freitag endgültig zerschlagen. Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky erklärte die Tarifverhandlungen mit der Bahn für grundsätzlich gescheitert und kündigte weitere Arbeitskämpfe an. Über Stunden hatten beide Seiten am Vortag und am Freitag in der zweiten Verhandlungsrunde zusammengesessen. Statt zu einer Annäherung führten die Gespräche aber vorerst in die Sackgasse.
«Die Arbeitgeberseite DB lehnt es ab, mit uns über drei Kernforderungen überhaupt zu verhandeln», sagte Weselsky nach dem Scheitern der Gespräche in Berlin. «Wir werden deshalb, nachdem wir die Verhandlungen jetzt scheitern lassen haben, als nächstes mit Warnstreiks den Arbeitgeber weiter unter Druck setzen.» Einen konkreten Zeitpunkt nannte er zunächst nicht. Weselsky verwies auf die gleichzeitig laufende Urabstimmung über unbefristete Streiks unter den eigenen Mitgliedern. Ein Ergebnis soll rund um Weihnachten vorliegen.
Bahn: GDL hat dreiwöchigen Weihnachtsfrieden abgelehnt
Die Ungewissheit auf der Schiene für die Fahrgäste dürfte damit noch Wochen, möglicherweise Monate andauern. Für die Zeit rund um Weihnachten hat Weselsky Arbeitskämpfe zwar ausgeschlossen. Welchen Zeitraum er damit aber genau meint, lässt der GDL-Vorsitzende nach wie vor offen.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler sagte in Berlin, die GDL habe einen dreiwöchigen Weihnachtsfrieden, also eine Zeit ohne Arbeitskampf bei der Bahn, abgelehnt. «Wir haben der GDL ganz konkret vorgeschlagen, dass wir zwischen dem 15. Dezember und dem 7. Januar einen Weihnachtsfrieden einlegen», sagte Seiler. Die Lokführergewerkschaft mit ihrem Chef Weselsky sei dazu aber nicht bereit gewesen. Seiler rief die GDL dazu auf, Klarheit für die Fahrgäste zu schaffen, was mögliche Reisezeiten angeht.
GDL verlangt 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
Dabei war die zweite Verhandlungsrunde am Donnerstag zunächst überraschend verheißungsvoll angelaufen. Den erwarteten frühen Verhandlungsabbruch gab es nicht. Hart, aber sachlich, zuweilen gar konstruktiv soll die Stimmung dem Vernehmen nach gewesen sein. Weselsky ließ sich den Großteil des Tages über nicht am Verhandlungsort blicken und überließ die Leitung der Gespräche seinem Stellvertreter, Lars Jedinat. Erst am Abend stieß der GDL-Boss dazu. Kurz danach wurden die Verhandlungen auf Freitag vertagt - und fanden dort bereits am Vormittag ein Ende.
Gescheitert waren die Gespräche aus Sicht der Gewerkschaft unter anderem an der Frage der Arbeitszeit. Diese will die GDL für Schichtarbeiter von derzeit 38 auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich reduzieren. Die Bahn lehnt das grundsätzlich ab. Als weiterer Knackpunkt gilt die Forderung der Gewerkschaft, auch für die Beschäftigten in der Infrastruktursparte der Bahn Tarifverträge abzuschließen. Dort ist bisher ausschließlich die größere, mit der GDL konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) der Tarifpartner.
Ob GDL-Tarifverträge dort überhaupt wirksam würden, ist mehr als fraglich. Das sogenannte Tarifeinheitsgesetz sieht vor, dass in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der größeren Arbeitnehmervertretung zur Anwendung kommt. In den meisten Bahn-Betrieben ist das die EVG. Über ein Mitglieder-Feststellungsverfahren streitet die GDL derzeit vor den Arbeitsgerichten.