GDL und Bahn: Wie es im Tarifstreit weitergeht
Autor: Matthias Arnold und Patricia Bartos, dpa
, Montag, 11. März 2024
Im Tarifstreit bei der Bahn geht es nicht voran. Mit immer neuen Streiks legt die GDL den Schienenverkehr weitgehend lahm. Am Ende werde die Bahn bei der Kernforderung einlenken müssen, sagt ein Experte.
Seit Monaten verlangt der Tarifstreit bei der Bahn den Fahrgästen Einiges ab. Am Dienstag könnte es zum inzwischen sechsten Mal aufgrund von Arbeitskämpfen der Gewerkschaft GDL zu Einschränkungen kommen. Daran wird voraussichtlich auch der Versuch der Bahn nichts ändern, den Ausstand gerichtlich stoppen zu lassen. Der Konzern hat vor dem Arbeitsgericht Frankfurt einen Antrag auf einstweilige Verfügung eingelegt.
Worauf müssen sich Fahrgäste einstellen?
Egal, ob die Gerichte den Streik stoppen oder nicht: Auf der Schiene dürfte es am Dienstag zu erheblichen Einschränkungen kommen. Erst für den späteren Montagabend war mit einer Entscheidung zu rechnen. Dass die Bahn dann den bereits aufgestellten Notfahrplan wieder kippt und das vollständige Angebot bis zum Betriebsbeginn am Dienstagmorgen wieder aufstellen kann, galt als unwahrscheinlich. Daher wird wie schon bei vorigen Streiks voraussichtlich jeder fünfte Fernzug unterwegs sein. Im Regionalverkehr könnte der Verkehr mancherorts schon schneller wieder wie gewohnt rollen.
Wie lange geht das mit den Streiks noch?
Der Tarifstreit bei der Bahn schwelt seit Monaten. Auch eine moderierte Verhandlungsphase mit externen Vermittlern brachte keinen Erfolg. Über Wochen wurde hinter verschlossenen Türen miteinander gesprochen. Einen Vorschlag der Moderatoren, die Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 36 Stunden abzusenken, wurde von der GDL abgelehnt. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder von der Universität Kassel geht davon aus, dass der Konflikt nur mit einem vollständigen Einlenken der Bahn auf die GDL-Forderung nach 35 Stunden beigelegt werden kann. «Es ist also nicht mehr die Frage des ob, sondern des wie», sagt er. «Das sollte die Bahnführung besser schneller als später anerkennen und auf dieser Grundlage auch verhandeln.» Die Forderung der GDL nach 35 Stunden ohne Lohnverlust gilt als Knackpunkt.
Ist es der härteste Tarifkonflikt bei der Bahn?
Das kommt darauf an, welchen Maßstab man anlegt. Sowohl was die Dauer des Tarifkonflikts als auch die Zahl der Arbeitskämpfe angeht, war der Tarifstreit zwischen der GDL und der Bahn 2014/2015 härter. Ein ganzes Jahr lang rangen beide Seiten damals um Lösungen. Erst eine formale Schlichtung führte schließlich zur Einigung. Mit zwei Warnstreiks und sechs Streiks brachte die GDL den Verkehr damals immer wieder zum Erliegen.
Die aktuelle Auseinandersetzung läuft seit November. Doch bei der Zahl der Arbeitskämpfe nähert sich die GDL inzwischen an. Nach zwei Warnstreiks im November folgte im Dezember eine Urabstimmung unter den Mitgliedern. Seither sind unbefristete Streiks möglich. Sollte es am Dienstag zum nächsten Arbeitskampf kommen, wäre das der vierte Streik seit der Abstimmung und insgesamt der sechste Ausstand im laufenden Tarifstreit.
Dass der derzeitige Konflikt manchem Fahrgast deutlich länger vorkommen könnte, liegt daran, dass im vergangenen Jahr auch die größere EVG über Monate hinweg über höhere Tarife verhandelte. Auch dabei kam es immer wieder zu Arbeitskämpfen. Nur wenige Monate nach einer Einigung lief dann der GDL-Tarifvertrag aus.
Warum eskalieren GDL-Bahn-Tarifkonflikte so oft?
Das hat unter anderem mit der Rolle der GDL bei der Bahn zu tun. Sie ist neben der EVG die kleinere von zwei Gewerkschaften, die beim Konzern um Mitglieder konkurrieren. Das sogenannte Tarifeinheitsgesetz legt fest, dass in einem Betrieb nur die Tarifverträge der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet werden. «Deshalb tritt die Lokführergewerkschaft nach meiner Beobachtung so unglaublich hartnäckig auf», sagte die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, der «Augsburger Allgemeinen». «Die GDL will damit mehr Mitglieder gewinnen und unter Beweis stellen, dass sie ihren Mitgliedern mehr zu bieten hat. Gäbe es nur eine Gewerkschaft bei der Bahn oder könnten unterschiedliche Verträge angewendet werden, dann wäre der Konflikt weniger groß.»