Führerschein-Änderungen: Deutsche Politiker beziehen in Debatte klar Stellung
Autor: Agentur dpa
Deutschland, Freitag, 22. Sept. 2023
Eine französische Grünen-Abgeordnete stößt mit ihren Vorschlägen zu neuen EU-Führerscheinregeln auf viel Widerstand. Kritik kommt auch aus Berlin: Bundesverkehrsminister Volker Wissing will die Neuerung verhindern.
Ein Vorschlag für verschärfte EU-Führerscheinregeln hat heftige Debatten im EU-Parlament ausgelöst. Dabei geht es um einen Vorstoß der französischen Grünen-Abgeordneten Karima Delli, wonach es künftig beispielsweise für Fahranfänger ein Tempolimit außerhalb von Städten von 90 Kilometern pro Stunde geben soll. Zudem will Delli, dass medizinische Tests verpflichtend werden, um die "körperliche und geistige Tauglichkeit" von Autofahrern zu gewährleisten. Bei deutschen EU-Abgeordneten stößt das auf deutliche Kritik - auch auf der Seite der Grünen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: "Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen." Um die Sicherheit von Fahranfängern weiter zu verbessern, setze Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren und das begleitete Fahren. Die Einführung verpflichtender Gesundheitstests lehne sein Haus entschieden ab, sagte Wissing.
EU-Regeln zu Führerscheinen sollen verschärft werden - Wissing stellt sich dagegen
Er forderte Karima Delli nun sogar dazu auf, ihren Vorschlag zurückzuziehen. "Nachdem sich die deutschen Grünen von den Vorschlägen ihrer europäischen Kollegin scharf distanziert haben, fordere ich Karima Delli auf, diesen an der Realität vorbeigehenden Vorstoß offiziell zurückzuziehen", so der FDP-Politiker gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "In Zeiten, in denen Europa durch zahlreiche Herausforderungen gefordert ist, müssen wir eine Politik für und nicht gegen die Menschen machen."
"Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität", sagte auch der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. An dem Vorschlag kritisiert er unter anderem, dass es für Fahranfängerinnen und Fahranfänger künftig Nachtfahrverbote geben könnte und sie keine Fahrzeuge von mehr als 1,8 Tonnen lenken dürften.
Viele Transporter, die etwa bei Umzügen genutzt werden, wären damit tabu. "Als CDU und CSU tragen wir einen solchen Unsinn nicht mit", sagte Gieseke. Der EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) betonte: "Wir als Freie Demokraten werden alles daransetzen, dass diese unsinnigen Vorschläge nicht in den Gesetzestext kommen."
Damit der Führerschein für Kontrollen knitterfrei bleibt: Hier Angebote für Hüllen ansehenGegenwind kam nicht nur von der politischen Konkurrenz. Die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kritisierte ihre Parteifreundin ebenfalls. "Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet", sagte die Verkehrspolitikerin. Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerscheinrichtlinie beheben zu wollen. Ein Sprecher der Grünen machte am Abend deutlich: "Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider, auch nicht der deutschen Grünen im Europäischen Parlament."
"Ergibt überhaupt keinen Sinn": Streit um Führerscheinvorstoß spitzt sich zu
Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, lässt kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen seiner französischen Amtskollegin: Es sei widersprüchlich, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 Tonnen zu senken, wenn aber gleichzeitig 17-Jährige einen 40-Tonner steuern dürften, weil Lkw-Fahrer fehlten. "Das ergibt überhaupt keinen Sinn und kann unter Umständen lebensgefährlich sein!"