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Fränkischer Pumuckl-Freak organisiert Drehort-Führungen


Autor: Christian Bauriedel

München, Samstag, 30. November 2013

Ein Franke bietet in München Führungen zu den Drehorten der Pumuckl-Serie an. Über den Kobold weiß Sebastian Kuboth alles. Auch warum Franz Josef Strauß die zweite Staffel gerettet hat. In der Galerie: die Drehorte damals und heute.
Sebastian Kuboth, der aus dem Landkreis Haßberge stammt, bietet in München Führungen zu den Drehorten der Pumuckl-Serie an. Als Berufsnostalgiker möchte er sich nicht bezeichen. Foto: Christian Bauriedel, Pumuckl-Illustration: Brian Bagnall nach der Orginalfigur von Barbara von Johnson


Manchmal verbirgt sich hinter Unscheinbarem eine echte Attraktion. Ein Türknauf, eine verbeulte Dachrinne oder ein Abtritteisen für schmutzige Schuhe - Dinge, an denen die meisten Menschen ahnungslos vorbeigehen, sind für Sebastian Kuboth Gold wert. Die einen sammeln Briefmarken, andere hängen sich alles zu ihrem Lieblingsmusiker an die Wand. Kuboth sammelt Drehorte.

Alle Szenen in der Tasche

"Hier ist das Spielwarengeschäft, in dem Meister Eder dem Pumuckl ein Auto gekauft hat", sagt der 29-Jährige. Er bleibt vor einem Laden am Johannisplatz im Münchner Stadtteil Haidhausen stehen. Schon lange wird hier kein Spielzeug mehr verkauft. Das Geschäft steht zur Zeit leer. "Die Eingangstür ist immer noch dieselbe", schwärmt Kuboth und deutet auf die schon etwas in die Jahre gekommene Türklinke.

Erst als er seine Umhängetasche öffnet, wird aus Ratlosigkeit Staunen: Kuboth holt die passende Szene aus der Pumuckl-Serie ausgedruckt hervor. Tatsächlich hat sich der Laden seit dem Dreh in den 80er Jahren kaum verändert.

Einen ganzen Stapel mit Szenenfotos aus der Pumuckl-Serie hat Kuboth bei seinen Führungen dabei. Sauber laminiert. Zu sehen sind Straßenzüge, Hauseingänge und Hinterhöfe. Oder sie zeigen wie Meister-Eder-Darsteller Gustl Bayrhammer über eine Brücke spaziert. "Ich finde es spannend, mich auf die Suche nach den Orten zu begeben, an denen die Filme entstanden sind", erklärt Kuboth.
Wo war das Wirtshaus, wo das Gartenhäuschen?

Wo genau war das Wirtshaus, in dem Meister Eder immer sein Feierabendbier getrunken hat? Steht das Gartenhäuschen noch, in dem Pumuckl ein spukendes Gespenst vermutet hat? Zusammen mit zwei anderen Pumuckl-Fans, Christian Bönisch und Ilja Kaufmann, hat er recherchiert. Mit Fernsehleuten telefoniert, die Schauspieler von damals aufgesucht. "Beim Pumuckl haben wir bis auf zwei Szenen alle herausfinden können", sagt er stolz. Insgesamt um die 50 Plätze haben die Pumucklforscher erkundet.

Von "Monaco Franze" bis zu "Polizeiinspektion 1"

Vor sieben Jahren ist Kuboth, der aus Obertheres im Landkreis Haßberge stammt, nach München gekommen. Plötzlich wohnte er in direkter Nachbarschaft zu den Orten, an denen die Serien seiner Jugend gedreht wurden. "Als ich durch die Stadt ging, habe ich viele der Gebäude wiederentdeckt." Seine Leidenschaft für die kultigen Fernsehserien hat er mittlerweile zum Beruf gemacht. Er organisiert Touren zu den Plätzen von "Monaco Franze", "Derrick", "Polizeiinspektion 1" oder "Die Lümmel von der ersten Bank". Jugendliche buchen die Führungen genauso wie ältere Semester.

Magischer Drehort: die Schreinerei

Die Spaziergänge spickt er mit unzähligen Anekdoten aus der Zeit, als die Kult-Serie produziert wurde. Da ist beim Pumuckl zum Beispiel die Geschichte mit der Werkstatt: In den 60er Jahren hat ein Regisseur Gefallen an der Schreinerei im Hinterhof gefunden. "Hier müsste man mal was mit einem Schreiner und einem Außerirdischen machen", sagte er zu einem Kollegen. Die Idee kam ins Rollen und Ellis Kaut baute darauf ihre Pumuckl Geschichten auf. Die Werkstatt geriet dann wieder in Vergessenheit, erzählt Kuboth. Bis zwanzig Jahre später ein Drehort für die Serie gesucht wurde. Wie durch Zufall kam das Filmteam wieder auf das schnuckelige Hinterhaus zurück.

Strauß war Pumuckl-Fan

"Das Haus war in einem sehr schlechten Zustand", sagt Kuboth. Nach der ersten Staffel wollte es die Versicherungskammer Bayern, Eigentümerin des Grundstücks, abreißen lassen. Die Produzenten riefen an höchster Stelle um Hilfe: Franz Josef Strauß, damals Ministerpräsident, verzögerte den Abriss und die neuen Folgen konnten gedreht werden. Ostern 1985 schließlich wurde die Eder-Schreinerei, unter Protest etlicher Schülergruppen, abgerissen.

"Pumuckl könnte man so heute gar nicht mehr drehen. Zu vieles widerspräche der Political Correctness", sagt Kuboth. So trinke nicht nur Meister Eder stets seine Halbe Bier, sondern auch Pumuckl nippt kräftig mit. Der Kobold lügt und ist unordentlich. Und auch Eders Pädagogik käme heute wohl auf den Prüfstand: Mehrfach droht er, ihn "ins Kasterl zu sperren". Kuboth muss schmunzeln. Ein wenig ergreife ihn schon die Wehmut in Anbetracht der alten Zeit. Ein Berufs-Nostalgiker sei er aber nicht. Auch wenn er und seine pumucklforschenden Kollegen bei den Recherchen der Nostalgie ständig auf der Spur sind. Einmal habe Fotograf Bönisch einen Anwohner getroffen, der ganz erstaunt war zu erfahren, dass sein Häuschen einst eine Kulisse war. Bei genauerer Betrachtung der Fotos sei dem älteren Herrn sein alter Wellensittich im Fenster aufgefallen: "Ja, da hat ja noch mei Bazi g'lebt."