Einsparungen: Mützenich warnt vor Spaltung der Gesellschaft
Autor: dpa
, Donnerstag, 21. Dezember 2023
Die mühsam erzielte Einigung der Ampel auf ein Sparpaket stößt auf viel Kritik. Nicht nur Sozialverbände befürchten gravierende Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Unzufriedenheit über den Haushaltskompromiss der Ampel-Spitzen in den Regierungsparteien hält an. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte nun wieder ein Aussetzen der Schuldenbremse auch für das kommende Jahr und warnte andernfalls vor einer Spaltung der Gesellschaft. Zugleich machte er am Donnerstag deutlich, grundsätzlich nicht besonders glücklich über den Kompromiss zu sein. SPD-Chef Lars Klingbeil kritisierte dagegen Absetzbewegungen bei den Koalitionspartnern von der Einigung.
«Wir leben nicht in normalen Zeiten. Kriege verstoßen gegen jede Normalität», sagte Mützenich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Das Risiko einer weiteren Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ordnete er als vertretbar ein. Im Deutschlandfunk machte Mützenich deutlich, er bezweifele, dass das Aufatmen über die Einigung groß sei. «Weil ja auch durchaus die, die daran beteiligt gewesen sind, relativ schnell das auch wieder infrage gestellt haben. Jetzt muss es im Parlament gerichtet werden.»
Die Spitzen der Ampel-Koalition haben im Streit über den Bundeshaushalt 2024 entschieden, dass die Schuldenbremse im kommenden Jahr nicht generell ausgesetzt wird. Eine Ausnahme für die Fluthilfen im Ahrtal wird derzeit aber geprüft. Wegen des Ukraine-Kriegs soll die Schuldenbremse dagegen zunächst nicht ausgesetzt werden. Nur für den Fall einer deutlichen Änderung der Lage behält die Koalition sich einen solchen Schritt vor.
Was steht im Grundgesetz?
Das Grundgesetz sieht vor, dass die Schuldenbremse im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen ausgesetzt werden kann, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt wird. Insbesondere die FDP mit Finanzminister Christian Lindner ist bislang sehr zurückhaltend bei dem Thema. Für das laufende Jahr war die Schuldenbremse kürzlich noch einmal ausgesetzt worden - zum vierten Mal in Folge.
SPD-Fraktionschef Mützenich wies im RND auf mehrere Unwägbarkeiten mit Blick auf den Ukraine-Krieg hin. Wie Russland seinen Krieg weiterführe, welche Länder die Ukraine weiter unterstützten und ob die USA noch dabei seien - all das entziehe sich dem Einfluss nationalstaatlichen Handelns. Auf Deutschland komme viel mehr zu als weitere Waffenlieferungen. Mützenich nannte etwa Hilfe beim Wiederaufbau sowie bei wirtschaftlichen Fragen.
«Weil wir nicht weiter im Kernhaushalt sparen dürfen, werden wir diese zusätzlichen Mittel durch die Ausnahmeregelung nach Artikel 115 Grundgesetz finanzieren müssen - also durch das Aussetzen der Schuldenbremse.» Diese Entscheidung mit den Ukraine-Hilfen zu begründen, erscheine ihm verfassungsfest.
Welche Bedenken hat Mützenich?
«Wir begeben uns in die große Gefahr der gesellschaftlichen Spaltung, wenn die Ukraine-Hilfe zulasten von wichtigen Ausgaben geleistet wird, die für die Menschen im Inland auch wichtig sind», sagte Mützenich. Das aktuell geplante Vorgehen führe «zu innenpolitischen Verteilungskonflikten, bei denen das eine gegen das andere ausgespielt wird», gab der SPD-Politiker zu bedenken.