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Ein Jahr Ampel-Koalition: Umfrage-Klatsche für Scholz - 50 Prozent halten ihn für den falschen Kanzler


Autor: Svenja Hentschel

Berlin, Dienstag, 27. Sept. 2022

Es ist ein Jahr vergangen, seitdem die Große Koalition von der Ampel-Koalition abgelöst worden ist. Die Regierung fällt in jüngster Vergangenheit immer wieder mit internen Streitigkeiten auf. Eine Umfrage zeigt jetzt, wie viel Vertrauen die Bürger*innen noch in die Politiker*innen haben.
Ein Jahr nach der Bundestagswahl wurden die Deutschen in einer Umfrage nach ihrer Zufriedenheit mit der Regierung gefragt.


  • Ein Jahr Ampel: So beliebt sind die Politiker*innen
  • Umfrage: So viel Vertrauen haben die Bürger*innen in die Politik
  • Offener Brief: Kritik an der FDP aus den eigenen Reihen

Ein Jahr nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 ist die Zeit der Ampel-Koalition geprägt von Krisen. In einer repräsentativen Umfrage des Markt- und Sozialforschungsinstitut INSA im Auftrag der "Bild"-Zeitung wurden jetzt 1005 Teilnehmer*innen zu ihrer Einstellung zur aktuellen Regierung und deren politischen Kurs befragt. Das erschreckende Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Befragten - 64,5 Prozent - gaben an, dass ihr Vertrauen in die Bundesregierung "gering" sei. Nur 30 Prozent haben "großes Vertrauen" in die Ampel. 

Annalena Baerbock: Die Außenministerin ist die beliebteste Politikerin 

Nicht zur allgemeinen Zufriedenheit mit der Ampel wurden die Deutschen befragt. Auch ihre Meinung zu den einzelnen Politiker*innen war Gegenstand des INSA-Meinungstrends im Auftrag der Bild. Für diesen wurden 2102 Teilnehmer*innen zu verschiedenen Politiker*innen befragt. Ganze 50,5 Prozent finden, dass Olaf Scholz (SPD) nicht die richtige Wahl für den Kanzlerposten sei. Scholz steht unter anderem immer wieder wegen der "Cum-Ex"-Affäre und angeblicher Erinnerungslücken in der Kritik. 38 Prozent der Befragten finden dagegen, er sei eine gute Wahl.

Auch der Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist nicht unbedingt beliebt. Weniger als die Hälfte der Teilnehmer*innen der Umfrage finden, er sei eine gute Besetzung für das Amt. 47,2 Prozent lehnen ihn als Gesundheitsminister ab. Die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ist am unbeliebtesten. 63,1 Prozent der Befragten halten sie für keine gute Wahl.

Die Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dagegen landet auf dem 1. Platz des Rankings. 43,7 Prozent finden, sie sei am richtigen Platz. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist allerdings von Platz 6 auf Platz 9 gerutscht. Er steht derzeit wegen des Hin und Her bei der umstrittenen Gasumlage in der Kritik. An dieser hatte er zuletzt auch selbst Zweifel geäußert. Der Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist laut der Meinung von 50,3 Prozent fehl am Platz. 

Kreisverband fordert: "Machen Sie Politik für die Bürger in diesem Land!"

Christian Lindner wird nicht nur von den Teilnehmer*innen der Umfrage als unpassende Besetzung für das Finanzministerium gesehen. Auch aus der eigenen Partei kommt Kritik. Der Kreisverband Vogtland der FDP geht auf Distanz zur Bundespartei.  In einem offenen Brief wenden sich die Mitglieder des Kreisverbandes an Lindner und finden sehr deutliche Worte: "In der Bundesrepublik Deutschland braut sich etwas zusammen, was das Fundament unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht nur erschüttern, sondern möglicherweise zerstören wird", heißt es in dem Brief.

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Vor allem die CO₂-Abgabe ist dem Kreisverband ein Dorn im Auge. Sie sei der "Hauptpreistreiber der Kosten für Energie in Deutschland und nicht nur die gestiegenen Weltmarktpreise für Gas, Erdöl und Strom." Ein weiterer Treiber der aktuellen Inflation sei - neben der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) - auch der Fiskus. "Damit tragen Sie, Herr Lindner, als zuständiger Repräsentant für
Finanzen die größte Verantwortung in dieser Regierung!" Alle bisher ergriffenen Maßnahmen seien nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein." Der Verband fordert ganz deutlich: "Machen Sie Politik für die Bürger in diesem Land! Sorgen Sie für wirkliche Entlastungen der Bürger!"

Zusätzlich zu dem Brief nimmt auch Kreisvorsitzender Jeremy Ziron Stellung: "Es geht uns nicht darum, unseren Parteifreunden oder Bundesministern in den Rücken zu fallen – vielmehr geht es uns darum, dass die deutsche Wirtschaft handlungsfähig bleibt und die Bürger dieses Landes Ihre Stromrechnungen und das Mittagessen Ihrer Kinder noch bezahlen können."

Schlechte Umfrage-Werte für die Ampel: "Intern uneinig"

Dass die Ampel-Koalition auf Bundesebene insgesamt nicht gut abschneidet, ist dem Politikwissenschaftler Jürgen Falter zufolge "kein Wunder". Im Gespräch mit der Bild sagte er: "Die Ampel ist zu schwach, weil sie intern uneinig ist, und uneinig ist sie deshalb, weil sich die programmatischen Grundlagen und die konkreten Politikvorstellungen der drei Partner grundlegend unterscheiden: SPD und Grüne glauben, die Energiekrise durch mehr Staat, höhere Schulden und mehr Vorschriften lösen zu können, während die FDP stärker auf die Selbstverantwortung der Bürger und auf den Markt setzt." Das erschwere es nicht nur in der Energiekrise, sondern auch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie, tragfähige Lösungen zu finden. Stattdessen gebe es nur "windelweiche Kompromisse".