Druckartikel: Ein Ehe kommt auf den Hund

Ein Ehe kommt auf den Hund


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Sonntag, 25. November 2012

Im Studio des Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theaters wird der entlaufene "Toutou" zum Anlass handfester Beziehungskräche - nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen zwei befreundeten Männern.
Ein Trio im Beziehungsclinch: (v. l.) Pavel (Volker J. Ringe), Zoé (Nadine Panjas), Alex (Florian Walter) Fotos: Thomas Bachmann


Sind so viele Hundehasser im Publikum, denen endlich mal einer aus der Seele spricht? Oder ist es die beeindruckende Leistung Volker J. Ringes, der als Freund des Hauses Pavel in seiner Anti-Tölen-Suada alles gibt? Vermutlich das Letztere. Obwohl: Ein Quentchen Abneigung gegen die Vierbeiner könnte schon auch zum Szenenapplaus motiviert haben.
Nur vordergründig dreht sich in der Drei-Personen-Komödie "Toutou" (frz. etwa "Wauwau") von Daniel Besse und Agnès Tutenuit alles um den Hund (den man im ganzen Stück nicht sieht). Der nämlich ist entlaufen, oder hat ihn Alex (Florian Walter) etwa ausgesetzt, wie ihm seine stets an der Grenze zur Hysterie agierende Gattin Zoé schnell unterstellt? Oder ist das freiheitsliebende Tier gar selber aus dem Zwinger gutbürgerlicher Wohlanständigkeit geflohen? Das wird aufs Köstlichste in niemals langweiligen 100 Minuten verhandelt.


Schnell ist klar: Zwischen dem seit 20 Jahren verheirateten Paar stimmt so manches nicht mehr. Der Sohn lebt in New York, und der in Rumänien quasi adoptierte Hund spielte den Kind-Stellvertreter (was in Hundehalterkreisen gar nicht so selten sein soll). Alex, ein Mann, der die Frauen liebt, wie er in einem großen Monolog offenbart, plauscht beim Gassigehen gerne mit einer attraktiven Nachbarin. War oder ist da etwa mehr? Als der Freund Pavel auftaucht, der sich vermeintlich aus seiner Wohnung ausgesperrt hat, eskaliert der Ehekrieg rasch. Pavel offenbart sich zunächst als Hundehasser, dann als Freund des besten Freunds des Menschen, schließlich wird klar, dass auch er sein Beziehungs-Kreuz zu tragen hat. Derweil zerfleischen sich Alex und Zoé emotional - keine Angst, den Zuschauer erwartet kein Strindberg'sches Seelendrama, sondern es geht alles gut aus. Toutou taucht wieder auf, und alle schließen Frieden, denn auch die Männerfreundschaft zwischen Pavel und Alex war zerbrochen.
Am besten gefallen in dem Stück die recht bissigen Seitenhiebe aufs Milieu. Schon das edle Mobiliar - die Ausstattung stammt von Thomas Pekny, der auch den Park vor dem Studio geschickt integriert - signalisiert: Wir haben's mit der gehobenen Mittelschicht zu tun. Alex arbeitet als Krisen-Unternehmensberater, Zoé im Entwicklungshilfeministerium. Der in Bukarest adoptierte Hund passt dazu wie die Faust aufs Auge. Vor 20 Jahren waren sie noch ganz anders, jung, wild, unkonventionell, wahrscheinlich auch links. Und heute? Sind sie verspießert, wie sie selbstkritisch erkennen.
An dem mit französischer Leichtigkeit treffsicher gebauten Boulevardstück kann eine Regie nicht viel kaputtmachen. Merula Steinhardt-Unseld lässt den Figuren Raum, und die agieren schnell und pointiert. Besonders Florian Walter läuft zu großer Form auf, wobei die Leistung von Panjas und Ringe keineswegs geschmälert sein soll. Die drei Beziehungskrieger ernteten auch verdient viel Beifall. Wer sich unterhalten lassen will, ohne dass die Intelligenz beleidigt wird, der ist mit "Toutou" bestens beraten.

Weitere Vorstellungen am 28.-30. 11., 1./2., 7.-9. 12., 12./13. 1. Karten unter Tel. 0951/873030, E-Mail kasse.theater@stadt.bamberg.de