Kürzlich hatte der Tod einer 13-Jährigen aus Mecklenburg-Vorpommern nach dem Konsum der hochkonzentrierten Ecstasy-Pille "Blue Punisher" für Diskussionen um die Droge geführt.
Nachdem sie wegen Ecstasy-Konsums auf der Intensivstation lagen, haben eine 14- und eine 15-Jährige das Krankenhaus in Neubrandenburg wieder verlassen. Die 15-Jährige - eine Freundin der verstorbenen 13-Jährigen - sei bereits vor ein paar Tagen, die 14-Jährige am Freitag aus der Klinik in Neubrandenburg entlassen worden, teilte die Polizei mit. Beide hatten die Ecstasy-Variante "Blue Punisher" konsumiert.
Weiterer Drogentod - War es "Blue Punisher"?
Im Fall in Halle kamen die Einsatzkräfte erst in die Wohnung, als die 18-Jährige bereits tot war, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Erste Untersuchungen hätten keine Spuren von Gewalteinwirkung gezeigt. Es seien noch weitere Untersuchungen - unter anderem eine chemisch-toxologische - geplant.
Laut einem Medienbericht hat "Blue Punisher" auch Sachsen-Anhalt erreicht. "Diese Ecstasy-Variante ist uns bekannt und auch in Sachsen-Anhalt in Umlauf", sagte Michael Klocke, Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) der Mitteldeutschen Zeitung.
Zusätzlich habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den 21 Jahre alten Mann wegen unterlassener Hilfeleistung aufgenommen. Es bestehe der Verdacht, dass er den Rettungswagen zu spät gerufen hat. Ergebnisse der Obduktion der Leiche sollen in der kommenden Woche vorliegen.
Update vom 29.06.2023, 19.30 Uhr: Weitere Minderjährige nach Drogenkonsum gestorben
Im Zusammenhang mit dem Tod eines 15-jährigen Mädchens im brandenburgischen Rathenow ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Jugendlichen. Es gebe den Anfangsverdacht, dass der minderjährige Beschuldigte der Jugendlichen Betäubungsmittel verschafft und so leichtfertig ihren Tod verursacht habe, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Potsdam am Mittwoch.
Am Montag (26. Juni) war eine 13-jährige Schülerin im Osten Mecklenburg-Vorpommerns mutmaßlich nach dem Konsum der Ecstasy-Variante "Blue Punisher" gestorben. Zwei weitere Schülerinnen liegen nach dem Konsum vermutlich der gleichen Droge noch in Krankenhäusern. Seit Dienstag sitzt ein 37-Jähriger in Untersuchungshaft, der in der Region Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben haben soll. Einen möglichen Zusammenhang zu diesem Fall haben die Ermittlungsbehörden beim Fall der Toten aus Rathenow im Blick. Die beiden Orte liegen etwa 140 Kilometer auseinander.
Zwei Mädchen nach Drogenkonsum gestorben - Besteht ein Zusammenhang?
Es werde geprüft, ob die in Frage stehenden Betäubungsmittel zumindest "mitursächlich" für den Tod des 15-jährigen Mädchens gewesen seien. Um welche Art von Drogen es sich handele, sagte die Sprecherin nicht. Auch nähere Informationen zum Jugendlichen wollte die Staatsanwaltschaft mit Blick auf dessen Alter nicht preisgeben.
Die 15-Jährige war am Wochenende im Krankenhaus gestorben. Die Ermittlungsbehörden vermuten eine Überdosis chemischer Drogen als Grund. Die genauen Obduktionsergebnisse und das Ergebnis einer toxikologischen Untersuchung stünden allerdings noch aus, führte die Sprecherin aus.
Der jugendliche Verdächtige ist auf freiem Fuß, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Es gebe keinen ausreichend dringenden Tatverdacht, um eine U-Haft zu rechtfertigen, sagte die Sprecherin. Der Verdächtige sei schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. Ob es dabei auch um Drogen ging, wurde nicht mitgeteilt.
Hat die Stadt ein Drogenproblem? Bürgermeisterin zeigt sich besorgt
In der Schule in Rathenow, an der die 15-Jährige war, lief unterdessen am Mittwoch der Unterricht nach Angaben der Schulleitung wieder weitestgehend normal. Zu Wochenbeginn waren einige der Schüler noch von Seelsorgern und Psychologen betreut worden. An normalen Unterricht sei nicht zu denken gewesen. In einem Teil des Schulgebäudes war eine Gedenkstelle für die Tote eingerichtet worden. Die Kinder hätten Blumen niedergelegt, Kerzen angezündet, einige hätten geweint.
Deutliche Worte für die Zustände in der Stadt fand Rektorin Constanze Seeger. "Ich weiß, dass Schüler schnell an Drogen in Rathenow kommen können", sagte sie. In der Stadt gebe es öffentliche Plätze, auf denen jugendliche Dealer Drogen verkauften. Auch andere Jugendliche hielten sich auf diesen Plätzen auf. Es gebe Kontakt untereinander. "Wir haben das Gefühl, dass es immer mehr wird", betonte Seeger mit Blick auf das Drogenproblem in der Stadt. Die Polizei sei zwar vor Ort, könne ihrer Ansicht nach aber wenig ausrichten.
In Rathenow sei in den vergangenen Jahren einen Anstieg der Drogendelikte verzeichnet worden, räumte eine Sprecherin der Polizei ein. Im Jahr 2020 wurden demnach insgesamt 142 Fälle in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. 2021 waren es 149 Fälle, 2022 insgesamt 167. "Der hier verzeichnete Anstieg bedeutet dabei nicht unmittelbar einen Anstieg der Drogenkriminalität, sondern kann vielmehr auf eine erhöhte Kontrolltätigkeit zurückzuführen sein", schränkte die Sprecherin aber ein.
Studie zeigt: Relativ wenig Drogenkonsum in Bundesland
Eine Studie aus dem Jahr 2021 zum Substanzkonsum von Jugendlichen in Brandenburg belegte zuletzt einen relativ geringen Konsum von illegalen Substanzen wie Ecstasy, Kokain, Heroin und LSD unter den Jugendlichen. So hätten knapp 95 Prozent der über 6000 befragten Zehntklässler noch nie einen dieser Stoffe konsumiert. Fast fünf Prozent gaben an, bereits eine dieser Drogen genutzt zu haben, 0,4 Prozent konsumierten nach eigenen Angaben wöchentlich.
"In Brandenburg gibt es im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ein relativ niedriges Konsumverhalten von psychoaktiven Substanzen und eine im Vergleich zu großstädtischen Ballungsräumen wenig ausgeprägte Partyszene", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf dpa-Anfrage. Die Zahl der Konsumierenden psychoaktiver Drogen sei in den vergangenen Jahren bei den Jugendlichen sogar rückläufig.
Originalmeldung vom 27.06.2023, 18.30 Uhr
Abgesehen vom Transporter eines Rundfunksenders weist am Dienstagnachmittag kaum etwas auf die Tragödie hin, die die Kooperative Gesamtschule am Rand der Kleinstadt Altentreptow im Osten Mecklenburg-Vorpommerns ereilt hat. Durch die Scheibe sind Schülerinnen und Schüler in einem Klassenzimmer zu sehen. Lehrerinnen fahren vom Hof. Ein Mann im Blaumann, der dahinter das Tor schließt, sagt nur: "Kein Kommentar."
Der Tod einer 13 Jahre alten Mitschülerin aus der Kleinstadt hat die Kinder und Jugendlichen aus ihrem Schulalltag gerissen. Wie die Polizei mitteilte, starb das Mädchen am Montag mutmaßlich nach der Einnahme der Ecstasy-Pille "Blue Punisher", die besonders stark ist. Eine 14-Jährige liegt in Neubrandenburg auf der Intensivstation und befindet sich in kritischem Zustand, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Neubrandenburg am Dienstag sagte. Auch sie soll eine Ecstasy-Pille konsumiert haben.
13-Jährige stirbt an Ecstasy - 14-Jährige nach mutmaßlicher Einnahme in Lebensgefahr
Schülerinnen, Schüler und das Lehrpersonal hätten betroffen reagiert, sagte die zuständige Schulrätin Kirsten Reen. An einem Trauerort in der Schule hätten die Schüler unter anderem Blumen und Kuscheltiere niedergelegt und Kerzen aufgestellt.
Laut Polizei liegt auch eine 15-jährige Freundin des 13-jährigen Todesopfers im Krankenhaus und befinde sich auf dem Weg der Besserung. Ein viertes Mädchen aus Malchin habe "Blue Punisher" ebenfalls genommen - sie habe befragt werden können und die Einnahme bestätigt. Das Mädchen habe zeitweise an Übelkeit und Bauchschmerzen gelitten, sei aber wieder wohlauf.
Bereits am Montagabend nahm die Polizei nach eigenen Angaben vier Tatverdächtige im Alter von 16, 17, 17 und 37 Jahren fest. Gegen den 37-Jährigen erließ das Amtsgericht Neubrandenburg am Dienstagnachmittag Haftbefehl, wie ein Gerichtssprecher sagte. Der Mann soll demnach in zwei Fällen Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben haben. Außerdem soll er Betäubungsmittel in nicht geringer Menge besessen haben.
Vier mutmaßlich tatverdächtige Dealer festgenommen
Die anderen drei Verdächtigen sind laut Polizei wieder auf freien Fuß gesetzt worden, gelten aber weiter als tatverdächtig. "Nach dem derzeitigen Kenntnisstand gehen die Ermittler davon aus, dass alle vier Tatverdächtigen im Zusammenhang mit dem Tod der 13-Jährigen und dem schlechten gesundheitlichen Zustand der 14- und 15-Jährigen stehen", erklärte eine Polizeisprecherin. Genaue Tatzusammenhänge sowie die Ermittlung möglicher weiterer Tatverdächtiger seien Gegenstand der laufenden Ermittlungen durch die Kriminalpolizeipolizeiinspektion Neubrandenburg.
Wenig überrascht zeigt sich am Dienstag eine 19 Jahre alte Ex-Schülerin der KGS Altentreptow, die am Dienstagnachmittag auf dem Weg zum Sport in der angrenzenden Halle war. Schon zu ihrer Schulzeit sei mit Gras gedealt worden. "Die Polizei kam bestimmt auch alle zwei Wochen oder so." Dass jetzt ein Mädchen gestorben sei, sei eine andere Qualität. "Wie kommen die an sowas ran?", fragt die Jugendliche. "Vor allem in dem Alter." Schon zu ihrer Zeit habe es an der Schule Präventionsarbeit gegeben, etwa mit einem ehemaligen Drogenabhängigen. Bei einigen Jugendliche verfange das aber offenbar nicht.
Auf die 13-Jährige angesprochen verweist ein älterer Passant in der verträumten Innenstadt Altentreptows auf fehlende Freizeitangebote für Jugendliche. "Die sind sich ja total selbst überlassen." Es gebe keine Jugendclubs mehr. Die letzte Disco sei vor etwa zwei Jahren abgerissen worden. Stattdessen lungerten die Jugendlichen jetzt etwa am Bahnhof oder an anderen Orten herum.
"Blue Punisher": Stehen weitere Fälle im Zusammenhang mit der Drogen-Variante?
Miteinander bekannt waren nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler nur die 13- und die 15-Jährige, die gemeinsam die Schule in Altentreptow im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte besuchten. Dort kamen am Dienstag vier Präventionsbeamte der Polizei zum Einsatz. Die Kinder und Jugendlichen seien schockiert, sagte eine Sprecherin.
Am Wochenende war bereits im benachbarten Bundesland Brandenburg eine 15-Jährige gestorben - mutmaßlich ebenfalls infolge von Drogenkonsum, wie es von der Staatsanwaltschaft hieß. Eine Obduktion soll die Todesursache klären. Im Zuge der Ermittlungen haben die Ermittler nach eigenen Angaben auch einen möglichen Zusammenhang mit dem Tod der 13-Jährigen aus Altentreptow im Blick.
Die 13-Jährige war nach Polizeiangaben am Montag im Klinikum in Neubrandenburg gestorben. Am Abend des gleichen Tages fanden Polizeibeamte die 14-Jährige in Neubrandenburg auf einem Gehweg liegend.
"Drogen sind immer gefährlich", warnte der Schweriner Innenminister Christian Pegel (SPD). "Aktuell haben wir aber mehrere Fälle mit lebensbedrohlichem Verlauf feststellen müssen. Diese Ecstasy-Pillen sind ganz unmittelbar lebensgefährlich!"
Ecstasy: Wie wirkt die Droge?
Mit dem Sammelbegriff Ecstasy sind synthetische Drogen in Tabletten-, Pulver- oder in Kristallform gemeint, die ohne natürliche Rohstoffe im Labor hergestellt werden. Ecstasy führt zu Höhenflügen, Kontaktfreudigkeit und Verlust des Zeitgefühls. Das körpereigene Warnsystem wird ausgeschaltet. Beim Einsatz als Partydroge kann es bei langem Tanzen zu extremem Wasserverlust, Organschäden oder Kreislaufzusammenbruch kommen. Tödliches Nierenversagen wurde ebenso beobachtet, wie tödliche Hirnblutungen. Die Droge kann zudem Psychosen und Wahnvorstellungen verursachen.
Das Aussehen der Pille "Blue Punisher" (deutsch: "blauer Bestrafer") ähnelt einem Diamanten mit eingraviertem Totenkopf, der an das Logo des Marvel-Charakters "The Punisher" angelehnt ist. Es gibt sie auch in anderen Farben. Wegen ihrer hohen Wirkstoffkonzentration kann laut Experten schon eine halbe Pille zu einer Überdosis führen.
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) reagierte mit großer Bestürzung auf den Tod der 13-Jährigen. Sie appellierte eindringlich, die Finger von Drogen aller Art zu lassen. Vor allem für Heranwachsende sei die Einnahme extrem gefährlich und könne bleibende Schäden verursachen. Die Polizei vermutet, dass die Droge in der Region noch im Umlauf ist und warnte ebenfalls eindringlich.