Durch Corona: Ist der IQ von Schülern deutlich gesunken? Umstrittene Studie veröffentlicht

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Leistungsabfall von Schülern während Pandemie
Gerade für Schüler gestalteten sich die Pandemiejahre anstrengend. Hat die Isolation auch Spuren bei den schulischen Leistungen der Kinder und Jugendlichen hinterlassen?
Leistungsabfall von Schülern während Pandemie
Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Während Corona herrschte in den Schulen oft gähnende Leere. Unterricht im Homeoffice war der Alltag. Eine Untersuchung soll jetzt zeigen, dass die Pandemie den IQ von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt haben könnte.

Die Jahre 2020 bis 2022 waren für Schüler nicht leicht: Statt mit ihren Mitschülern im Klassenzimmer zu sitzen, nahmen sie von zu Hause digital am Unterricht teil. Kein Wunder, dass das nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist. Nun weist eine deutsche Studie darauf hin, dass auch der IQ der Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Jahre beeinflusst wurde.

An der Untersuchung nahmen 424 Schüler*innen aus Rheinland-Pfalz teil - die Forscher legten den Schwerpunkt auf die Klassenstufen sieben bis neun. Mithilfe des Berliner Intelligenzstrukturtests sollten verschiedene Kompetenzen überprüft werden: Bearbeitungsgeschwindigkeit, Merkfähigkeit, Verarbeitungskapazität, Kreativität und der Umgang mit Zahlen und Wörtern. 

Sieben Punkte Unterschied - IQ in Pandemiejahr deutlich niedriger

Dann wurden die Ergebnisse vergleichbaren Gruppen aus 2002 gegenübergestellt: Ganze sieben IQ-Punkte weniger erreichten die Schüler, die die Corona-Pandemie miterlebt hatten - 2002 stand der Mittelwert bei 112 IQ-Punkten, 2020 bei nur 105 Punkten. Allerdings überstieg der IQ-Wert 2012 den von 2002 - ein Abwärtstrend sei also nicht zu beobachten. 

Auch zehn Monate nach der ersten Messung konnte der IQ-Rückstand nicht aufgeholt werden. Stress ist laut der deutschen Studie nicht der Auslöser für den Leistungsabfall. Die Entwöhnung an Prüfungssituationen während der Pandemie könnte schon eher ein Auslöser sein. 

Intelligenz und schulische Leistungen sind jedoch nicht das Gleiche: Mithilfe der Schulnoten lasse sich nicht messen, wie intelligent Schüler wirklich sind: Hochintelligente Schüler fallen nicht selten durchs Raster - und schneiden in der Schule schlecht ab, wie eine Würzburger Untersuchung bestätigen kann.

Schulischer Leistungsabfall wegen Pandemie: andere Faktoren im Spiel

Vermutlich haben noch weitere Faktoren haben zu den schlechteren Ergebnissen geführt: So können mehrere Studien belegen, dass ein exzessives Nutzungsverhalten von Smartphone, Tablet und Co. zu einer Reduzierung der kognitiven Kapazität führen kann. Gerade während der Pandemie standen für Kinder und Jugendliche wenig andere Freizeitaktivitäten zur Verfügung, als sich mit Social Media und Online-Spielen zu beschäftigen.

Zusammengefasst liefert die Untersuchung nicht wirklich etwas Neues. Ein positiver Zusammenhang zwischen Schulbesuch und Intelligenz sei bereits in einer Meta-Analyse nachgewiesen worden. Was während der Corona-Pandemie nun genau zu dem Leistungsabfall der Schüler geführt hat, kann man wissenschaftlich nicht klar beantworten. Auch sei an der Studie zu beanstanden, dass es keine Vorher-Nacher-Testung gegeben habe. Die Pandemie konnte man schließlich nicht vorhersehen, meint Samuel Greiff, Professor für Psychologie und pädagogisch-psychologische Diagnostik an der Universität Luxemburg im Gespräch mit Focus.

Die Landesschülervertretung in Nordrhein-Westfalen kritisiert außerdem, wie mit den Bewertungskriterien während der Pandemie umgegangen worden sei: "Die Bewertungskriterien sind alle auf Präsenzunterricht ausgerichtet", der Unterricht war jedoch zum größten Teil digital. "Schüler und Schülerinnen, die besonders unter den Einschränkungen während der Pandemie gelitten haben und in Schwierigkeiten gekommen sind, dürfen dafür nicht mit Nichtversetzen bestraft werden", heißt es auf der Website des Deutschen Schulportals weiter.

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