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Diggah, Sauftrag, Schabernack: Das Jugendwort des Jahres 2020 steht fest


Autor: Io Görz

Berlin, Sonntag, 30. August 2020

Diggah, Sauftrag, Schabernack: Jährlich wird das Jugendwort des Jahres gewählt. Auch dieses Jahr waren wieder zahlreiche abstruse Begriffe dabei - einer belegt nun Platz Eins. Wird es "zu wyld" und zieht einen "Sauftrag" nach sich oder gibts darauf erstmal einen "Köftespieß"? Wir verraten es Ihnen.
Das ist das Jugendwort des Jahres 2020.  Foto: Peter Kneffel/dpa


Das Jugendwort des Jahres 2020: Wie jedes Jahr suchte die Redaktion des Langenscheidt-Verlags nach dem „Jugendwort des Jahres 2020. Abstimmen konnte jeder bis zum 15. September 2020, die Auswertung folgte jetzt. Welche Jungendworte zur Auswahl standen, haben wir hier nochmals für Sie aufgelistet:

Schabernack

Das etwas anachronistisch anmutende Wort hat mit Philipp Amthor wieder Einzug in das kollektive Gedächtnis gefunden. Der junge CDU-Politiker wirkt oft selbst etwas aus der Zeit gefallen und ist eine Art Anti-Rezo der Union. Das Wort „Schabernack“ selbst ist übrigens seit dem 14. Jahrhundert belegt als Begriff für groben Unsinn und Streiche. Woher die Bedeutung kommt, ist nicht eindeutig geklärt – entweder vom geschorenen Nacken oder von einem ähnlich klingenden Winterhut namens „schavemac“.

Mittwoch

Das Wort wirkt auf den ersten Blick eher gewöhnlich – ist es doch einfach ein Wochentag. Hier ist es aber eine spezielle Bedeutung: Es geht auf ein Video von „Jimmy Here“ zurück, das bereits 2016 auf Vine und Youtube trendete. „It’s Wednesday my dudes“ war damals der prägende Begriff. Hierbei geht es um ein Meme mit einem Frosch. Aus Sicht der Langenscheidt-Redaktion Jugendwort-würdig.

Video:




Sauftrag

Das Wort setzt sich aus den Begriffen „Saufen“ und „Auftrag“ zusammen und bezeichnet ein geplantes Besäufnis. Das Wort findet sich unter anderem in einer Community wieder, die in mehreren sozialen Netzwerken vertreten ist und alleine auf Instagram rund 30.000 Follower hat. 

Wyld

Eine heftige oder krasse Sache gilt als „wyld“ – einer Variante des Wortes „wild“. Wenn jemand „zu wyld“ ist, ist diese Person sehr leidenschaftlich, emotional oder unkontrollierbar in ihrem Verhalten. 

Lost

Gemeint ist hier nicht die bekannte Serie, sondern eine Person ist „lost“, also verloren. Verloren meint hier aber nicht buchstäblich verloren, etwa, wenn das Navi versagt, sondern eher planlos und ohne Ziel. Auch die Bedeutung eines hoffnungslosen Falls ist mitgemeint, quasi eines „lost case“. 

No front

Wenn man jemanden nicht „fronten“ will, meint man keinen Angriff und hier entspringt der Begriff „no front“  - so viel wie „nicht als persönlicher Angriff gemeint“. Die Älteren würden wohl so etwas wie „nichts für ungut“ dafür sagen.

Köftespieß

Dieses Wort meint durchaus wortwörtlich einen Köftespieß. Bekannt und mit Bedeutung aufgeladen wurde der Begriff durch den Rapper Xatar, der nach seiner Haftzeit erklärte, dass er erst mal einen „schönen Köftespieß“ essen wollte. Der Rapper hat inzwischen in Bonn auch einen Imbiss, wo er Köftespieße verkauft.

Diggah

Die Älteren unter uns haben früher vielleicht „Alter“ oder dergleichen verwendet. „Diggah“ (in Abwandlung von „Dicker“) meint ebenso halb scherzhaft, halb liebevoll einen Kumpel, einen Kumpanen, ein als vertraut wahrgenommenes Gegenüber. 

Cringe

Vielleicht ist diese gesamte Liste ziemlich „cringe“, also peinlich. Vor allem Fremdscham, also das peinliche Berührtsein durch das Verhalten oder Reden des Gegenübers ist hier gemeint. Wörtlich übersetzt bedeutet das englische Wort „zusammenzucken“. Wenn etwas cringeworthy ist, dann ist es dazu angetan, dass man vor Scham und Peinlichkeit zusammenzuckt. Neben „cringe“ gibt es noch die eingedeutschten Varianten „cringy“ als Adjektiv oder „cringen“ als Verb. 

Maschallah

„Maschallah“, bzw. „Ma Shah Allah“, ist ein arabischer Ausdruck, der übersetzt bedeutet „So Gott gewollt hat“. Der Ausruf wird in der Regel verwendet, um Bestätigung oder Bewunderung auszudrücken oder schlicht das Gesagte zu bekräftigen. Medial bekannt wurde der Ausruf vor allem in der RTL-Sendung „Die strengsten Eltern der Welt“. 

Und gewonnen hat?

Jugendliche haben in einer Abstimmung entschieden: "Lost" ist das "Jugendwort des Jahres". Mit dem Begriff wird ahnungsloses und unsicheres Verhalten beschrieben, wörtlich übersetzt bedeutet es "verloren". Mit 48 Prozent der Stimmen hat "Lost" sich gegen die Finalisten "Cringe" und "Wyld/Wild" durchgesetzt, wie der Pons-Verlag am Donnerstag (15. Oktober 2020) in Stuttgart mitteilte. Jugendliche waren im Internet aufgerufen, Vorschläge einzureichen und das Wort in mehreren Abstimmungen auszuwählen. Eine Jury hatte zwischendurch aus den besten Vorschlägen eine Liste mit zehn Wörtern zusammengestellt. Mehr als eine Million Stimmen wurden laut einer Verlagssprecherin im Wettbewerb abgegeben, der im Juni gestartet war.

Artemis Alexiadou ist Sprachwissenschaftlerin an der Humboldt-Universität in Berlin. "Lost kenne ich aus dem Alltag", sagte sie. "In der letzten Zeit habe ich es öfters benutzt, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Vor allem, weil zurzeit so viele unerwartete Ereignisse passieren." Das Vokabular werde durch Worte wie "Lost" bereichert, wenn man effizient sagen möchte, man selbst oder jemand anderes sei ahnungslos oder unentschlossen.

Das andere finale Wort "Cringe" erreichte mit 28 Prozent den zweiten Platz und beschreibt etwas Peinliches und Unangenehmes, teils auch Fremdschämen. Jugendliche sagen "Wyld" oder "Wild", wenn sie etwas Krasses und Besonderes umschreiben. Dafür gab es den dritten Platz.

Im Finale standen in diesem Jahr drei englische Wörter. Alexiadou erklärt das so: "Junge Leute bauen oft eigene Merkmale in ihre Sprache ein, um sich von der Elterngeneration abzugrenzen. Da bietet es sich an, auf das Englische zurückgreifen." Die Jugend sei über die sozialen Medien gut vernetzt, dort werde viel Englisch gesprochen."Diese Worte sind hip", sagte Alexiadou.

In der Vergangenheit wurden Wortschöpfungen wie "Smombie" - ein Kunstwort aus Smartphone und Zombie - und Sätze wie "Läuft bei dir" gekürt. "Ehrenmann/Ehrenfra" war 2018 dabei, eine Wortschöpfung für "jemanden, der etwas Besonderes für dich tut".

Seit 2008 wird jährlich ein Jungendwort des Jahres bestimmt, um so die sich wandelnde Jugendsprache zu dokumentieren. Oft wird die Aktion als reines Verlagsmarketing des Langenscheidt-Verlags kritisiert und die Auswahl der Worte als wirklicher Spiegel von Jugendsprache wird auch regelmäßig in Zweifel gezogen. 

Die Jugendworte seit 2008: 

  • 2008: Gammelfleischparty
  • 2009: hartzen
  • 2010: Nievaulimbo
  • 2011: Swag
  • 2012: YOLO
  • 2013: Babo
  • 2014: Läuft bei dir
  • 2015: Smombie
  • 2016: fly sein
  • 2017: I bims
  • 2018: Ehrenmann/Ehrenfrau
  • 2019: Kein Wort (Wahl fiel aus)