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Deutschland: Firmen verlegen Produktion und Entwicklung vermehrt ins Ausland


Autor: Nadine Wüste, Agentur dpa

München, Donnerstag, 27. November 2025

Immer mehr Firmen denken darüber nach, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Die Gründe dafür und welche Länder besonders gefragt sind, beleuchtet eine neue Umfrage von Deloitte und BDI.
Unternehmen erwägen verstärkt die Verlagerung von Produktion und Entwicklung ins Ausland, getrieben durch Handelskonflikte und Protektionismus.


Handelskonflikte und zunehmender Protektionismus führen einer Untersuchung zufolge dazu, dass immer mehr Firmen in Erwägung ziehen, ihre Produktion vollständig oder teilweise zu verlagern. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte und des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI).

68 Prozent der befragten Industriebetriebe gaben dabei an, aufgrund von Zöllen in den nächsten zwei bis drei Jahren ihre Fertigung vollständig oder teilweise verlagern zu wollen. Wichtigstes Zielgebiet außerhalb Europas sind dabei die USA, die deutlich häufiger als bei früheren Erhebungen genannt wurden: 26 Prozent der Befragten gaben an, Produktion dorthin verlagern zu wollen. Grund dürften vor allem die Zölle sein, mit denen Präsident Donald Trump Firmen in die USA locken will.

China und Indien bleiben populär

Noch etwas bedeutender als Zielregion ist der Untersuchung zufolge jedoch weiterhin Europa selbst: 30 Prozent planen demnach eine Verlagerung von Deutschland in andere europäische Länder. Und auch Asien als kostengünstiger Produktionsstandort bleibt für viele attraktiv: 16 Prozent zieht es nach China, 14 Prozent nach Indien, 19 Prozent in andere asiatische Länder. Dabei gaben viele Unternehmen gleich mehrere Optionen an. Fast jedes fünfte Unternehmen - 19 Prozent - hat schon jetzt keinerlei Produktion mehr in Deutschland. Vor zwei Jahren hatten das bei einer vergleichbaren Untersuchung nur 11 Prozent angegeben.

Und die Abwanderung betrifft nicht nur die Fertigung: Auch Forschung und Entwicklung werden immer häufiger verlagert. "Geopolitische Verwerfungen sind längst zu stürmischen Gegenwinden für die deutsche Wirtschaft geworden", sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Dass 68 Prozent der Unternehmen eine Produktionsverlagerung ins Ausland erwägen, sei daher nicht überraschend. Niedermark sieht darin einen Weckruf für Schwarz-Rot.

"Die Bundesregierung muss entschlossener und schneller handeln." Nur so ließen sich Standortnachteile beseitigen. Wichtig sei zudem, private Investitionen in relevante Technologiesektoren zu mobilisieren. "Damit Unternehmen Innovationen nicht nur auf dem Reißbrett entwerfen, sondern sie auch in die Werkshallen und Logistikzentren bringen können, braucht es gezielte Anschubfinanzierung."

Produktion kehrt manchmal auch zurück

Allerdings ist die Verlagerung ins Ausland keine Einbahnstraße: Neun Prozent der Befragten gaben an, Fertigung, die früher schon einmal nach China verlagert wurde, zurück nach Europa zu holen. Und sieben Prozent wollen sogar Produktion aus den USA abziehen und nach Europa verlagern. "Kurzfristig können die Unternehmen anderswo zwar kostengünstiger produzieren", sagt Deloitte-Lieferkettenexperte Jürgen Sandau.

"Wenn sich der neue Standort nicht als sicherer Hafen erweist, macht ein Lieferstillstand sehr schnell alle Einsparungseffekte zunichte." Entsprechend werde dann auch wieder zurückverlagert. Für die Untersuchung wurden im September und Oktober 148 Lieferketten-Verantwortliche des produzierenden Gewerbes befragt, insbesondere in den Branchen Automobil, Technologie, Maschinenbau, Energie und Chemie. 84 Prozent der Befragten kamen aus Großunternehmen, 16 Prozent von Kleinunternehmen und Mittelständlern.