Zölle bremsen - Wirtschaft hofft auf Infrastrukturmilliarden
Autor: Christian Ebner, dpa
, Mittwoch, 30. Juli 2025
Europas größter Volkswirtschaft fehlt schon vor Inkrafttreten der meisten US-Zölle der Schwung. Ein Ausgleich der drohenden Exporteinbußen muss von innen kommen, mahnen Experten.
Die deutsche Wirtschaft geht kraftlos in das neue Zoll-Zeitalter mit den USA. Nach dem unerwarteten Mini-Wachstum zum Jahresauftakt ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal geschrumpft: Es fiel 0,1 Prozent niedriger aus als im Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.
Mahnung zur Selbsthilfe
Beides geht nach Einschätzung von Ökonomen auf den Zollstreit mit den USA zurück: «Zuerst gab es Vorzieheffekte bei der Produktion. Im zweiten Quartal wurde dann hauptsächlich abgewartet, wie sich die außenwirtschaftlichen Bedingungen entwickeln», sagt etwa Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Er mahnt zur Selbsthilfe: «In dem Maß, in dem sich die Weltmärkte verschließen, muss sich die wirtschaftliche Dynamik auf den eigenen Wirtschaftsraum in Deutschland und Europa konzentrieren. Das geht nur, wenn Hindernisse wie Regulierung, Bürokratie und hohe Abgaben verringert werden.»
Andere europäische Volkswirtschaften wachsen
Im europäischen Vergleich hängt Deutschland im Frühsommer zurück: Weil andere Länder wie Frankreich oder Spanien besser abschnitten, ist die Wirtschaftsleistung im Euro-Raum im zweiten Quartal um 0,1 Prozent gestiegen, wie parallel die europäische Behörde Eurostat berichtet.
Seit dem Wochenende ist zumindest in groben Zügen geklärt, unter welch erschwerten Bedingungen die exportorientierte deutsche Wirtschaft noch Waren in den USA absetzen kann. In den Verhandlungen mit der EU-Kommission hat US-Präsident Donald Trump «asymmetrische», also einseitige Zölle von 15 Prozent auf Importe aus der EU durchgesetzt. Zuvor hatte die US-Regierung mit 30 Prozent Zoll gedroht und auf bestimmte Waren schon vorab höhere Sätze verlangt, die teils fortbestehen. Für Autos sollen die Zölle hingegen von 27,5 auf 15 Prozent sinken.
Trumps Zölle belasten
Unter dem Strich werde der Außenhandel mit den neuen Zöllen belastet, meint Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturchefin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Entscheidend für einen stärkeren Aufschwung seien daher die geplanten Milliarden-Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz. Spürbare Impulse erwarte sie aber erst im kommenden Jahr.
Auch bei der genossenschaftlichen Union Invest zeigt sich Volkswirt Michael Herzum optimistisch, dass der Aufschwung schuldenfinanziert von innen kommen kann: «Mit dem Infrastrukturpaket in Deutschland und der Steuerentlastung gibt es mittelfristig auch Impulse für mehr Wachstum. Die höheren Investitionen in die Verteidigung sollten das Wachstumspotenzial in Deutschland und Europa ebenfalls erhöhen. Wir erwarten, dass dies die Zoll-Belastungen mehr als kompensiert.»
Zölle belasten exportorientierte Branchen
Grundsätzlich verteuern Zölle europäische Waren in den USA, was zu einer verringerten Nachfrage führen dürfte. Nach Berechnungen der Unternehmensberatung Deloitte könnte das für die deutsche Wirtschaft mittelfristig Exporteinbußen von bis zu 31 Milliarden Euro bedeuten. Die deutschen Ausfuhren in die Vereinigten Staaten könnten demnach um ein Fünftel zurückgehen. Am härtesten getroffen würde den Angaben nach der Maschinenbau, aber auch Pharma-, Chemie- und Auto-Industrie.