Deutsche Wirtschaft im Tief - Was bringt 2024?
Autor: Jörn Bender und Friederike Marx, dpa
, Montag, 15. Januar 2024
Es war - mal wieder - ein schwieriges Jahr für die deutsche Wirtschaft. 2024 sollte es wieder aufwärts gehen. Allerdings bleiben reichlich Herausforderungen.
Krisen, Kriege, Konsumflaute: Die deutsche Wirtschaft steckt im Tief. Im vergangenen Jahr ist Europas größte Volkswirtschaft in die Rezession gerutscht. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamt schrumpfte die preisbereinigte Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent. Im Jahr zuvor hatte es nach jüngsten Berechnungen noch 1,8 Prozent Wachstum gegeben. Milliardenhilfen in der Energiekrise drückten den deutschen Staatshaushalt im vergangenen Jahr ins Minus. Der aktuelle Sparzwang infolge des Karlsruher Richterspruchs lässt für 2024 wenig Optimismus aufkommen, was staatliche Konjunkturmaßnahmen angeht. Doch Ökonomen sehen auch manches Hoffnungszeichen.
Wie hat sich die deutsche Wirtschaft 2023 entwickelt?
Im Jahr 2023 dümpelte die Konjunktur vor sich hin. Nach neuen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gab es im ersten Quartal ein Miniwachstum von 0,1 Prozent. Im zweiten und dritten Vierteljahr stagnierte die Wirtschaft. Im Schlussquartal 2023 schrumpfte die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft einer ersten Schätzung der Wiesbadener Behörde zufolge preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,3 Prozent zum Vorquartal.
«Die deutsche Wirtschaft bewegt sich seit fast vier Jahren in einem nahezu andauernden Krisenmodus», hielt jüngst das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) fest. Auf die Corona-Krise folgte im Februar 2022 der russische Angriff auf die Ukraine, der die Preise für Energie und Nahrungsmittel zeitweise extrem steigen ließ. Der Nahostkonflikt sorgt für neue Unsicherheit, zudem triff die jüngste Haushaltskrise Deutschland in einem Moment wirtschaftlicher Schwäche.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer kommentierte am Montag: «Bedenklich ist, dass die deutsche Wirtschaft seit dem Ausbruch von Corona in der Grundtendenz kaum gewachsen ist. Das ist selten und weckt Erinnerungen an die Jahre nach dem Platzen der Aktienmarktblase Anfang des Jahrtausends.»
Was spricht für eine Erholung 2024?
Bei den Preisen dürfen Verbraucherinnen und Verbraucher Entspannung erwarten. Volkswirte rechnen damit, dass der Preisdruck im laufenden Jahr nachlassen wird, wenn auch nicht so rasch wie erhofft. Denn die Anhebung des CO2-Preises von 30 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2) auf 45 Euro zu Jahresbeginn sowie die Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer in der Gastronomie dürften die Preise anheizen.
Die beiden vergangenen Jahre waren mit 6,9 Prozent (2022) und voraussichtlich 5,9 Prozent (2023) Inflation im Jahresschnitt die beiden zweitteuersten Jahre seit der Wiedervereinigung. Ökonomen gehen davon aus, dass sich der private Konsum mit sinkender Inflationsrate und steigenden Löhnen allmählich erholen wird. Dass zuletzt die Bauzinsen wieder gesunken sind, könnte zudem die Bauwirtschaft ankurbeln.
Was bremst die deutsche Wirtschaft?
Industrie und Bauwirtschaft haben seit Monaten mit schwacher Nachfrage zu kämpfen, Auftragspolster puffern dies immer weniger ab. Die Industrieproduktion ging im November den sechsten Monat in Folge zurück. Die Produktion liege fast vier Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie um mehr als neun Prozent unter dem Niveau davor, rechnete ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski vor. Mit Blick auf die nähere Zukunft sehe er nur wenig Anlass zu Optimismus: «Die Auftragsdeflation der letzten beiden Jahre hinterlässt deutliche Spuren, ebenso wie die anhaltende energiepolitische Unsicherheit.»