Gesichtserkennung als Antwort auf die «Stadtbild»-Debatte? Bei Kundgebungen in mehreren Städten wird dem Kanzler Rassismus vorgeworfen. Aus der Union kommt der Ruf nach mehr Videoüberwachung.
Demonstranten in Hamburg und mehreren anderen Städten haben gegen die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu Migration und dem «Stadtbild» protestiert. In Hamburg versammelten sich bei regnerischem Herbstwetter nach Polizeiangaben rund 2.600 Menschen. Auf Transparenten forderten sie «Zusammenstehen gegen Rassismus und Spaltung» und «Merz raus aus unserem Stadtbild!». Auf anderen Schildern hieß es «Merz will Grau, wir wollen Bunt» oder «Friedrich, wer stört bist du und dein Rassismus!».
Zu der Demonstration hatten die Partei Die Linke, Fridays for Future Hamburg und kleinere linke Gruppen aufgerufen. «Die CDU dreht durch – und mit jedem neuen rechten Spruch drängelt sich Kanzler Merz weiter in die Gunst der AfD», hieß es im Aufruf der Linken.
In Magdeburg beteiligten sich laut Polizei über 300 Menschen an einer Kundgebung. «Die jüngsten Äußerungen von Herrn Friedrich Merz, der von einem Problem im Stadtbild sprach, haben viele von uns tief betroffen», sagte die Vertreterin eines afghanischen Frauenvereins. «Solche Worte lassen Menschen, die seit Jahren Teil dieser Gesellschaft sind, spüren, dass sie immer noch als anders oder fremd gesehen werden.» Migration werde dabei nicht als selbstverständlicher Teil Deutschlands verstanden, sondern als etwas Störendes.
Ein Vertreter eines syrischen-deutschen Kulturvereins sagte, die Worte des Bundeskanzlers dürften nicht einfach so im Raum stehen bleiben. «Wir sagen dazu klar und eindeutig: Politische Maßnahmen kann man diskutieren, aber Menschen sprachlich zu einem Problem zu erklären, überschreitet eine Grenze, Herr Merz.» Die Würde des Menschen hänge nicht vom Aufenthaltsstatus oder einem Arbeitsvertrag ab.
Im niedersächsischen Hildesheim protestieren nach übereinstimmenden Angaben der Polizei und der Veranstalter rund 500 Demonstranten. Unter dem Motto «What the Fritz??? Wir sind das Stadtbild!» hatte ein breites Bündnis aus Initiativen und Gewerkschaften zu dem Protest aufgerufen. Im sauerländischen Arnsberg, dem Wohnort des Kanzlers, demonstrierten rund 150 Menschen.
Tagelange Debatte über vage Äußerung
Merz hatte am 14. Oktober gesagt, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, «aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen». Später sagte er auf Nachfrage: «Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.»
Bestimmte Zuwanderer werden als Problem gesehen
Am vergangenen Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten.