Das Leben soll ein Kunstwerk sein
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Montag, 02. Dezember 2019
Eine "triviale Komödie für ernsthafte Leute": So bezeichnete Oscar Wilde seine Komödie "Bunbury oder Ernst sein ist Alles!". Das Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theater macht aus dem Stück eine übermütige Feier sexueller Vielfalt.
In "Bunbury oder Ernst sein ist alles!" erzählt Oscar Wilde von vier nur eingeschränkt lebenstüchtigen Geschöpfen der britischen Upper Class. Mehr schlecht als recht versuchen sie die klaffende Leere in ihrem Leben mit kindsköpfigen Albernheiten und Tändeleien zu füllen.
Mit Lady Bracknell (Katharina Brenner) bevölkert des Weiteren ein herrschsüchtiges Fossil der Klassengesellschaft die Szenerie, es gibt einen unter den Zwängen des Zölibats fürchterlich leidenden Pfarrer (Eric Wehlan) und eine ihm begehrliche Blicke zuwerfende Jungfer (Ewa Rataj).
Die amourösen Konflikte lösen sich in Wohlgefallen auf. Es findet zusammen, was zusammenzugehören scheint. Die gesellschaftliche - und das heißt in diesem Zusammenhang auch: heterosexuell normierte - Ordnung wird zwar liebevoll bespöttelt, bleibt in seiner Substanz aber unangetastet.
Eine soziale Utopie
Auf diese harmlose Weise lässt sich "Bunbury" unverändert lesen. Auf diese nostalgisch-behagliche Weise lässt sich das Stück auch inszenieren. Es lässt sich alles aber auch ganz anders machen. Wie, das zeigt derzeit das E.T.A.-Hoffmann-Theater.
Eine "triviale Komödie für ernsthafte Leute" nannte Oscar Wilde selbst sein Stück. In diesem Bewusstsein treiben Regisseur Sebastian Schug und Dramaturg Resmsi Al Khalisi das Triviale so lange auf die Spitze, bis das Ernste grell zum Vorschein kommt.
Die gespreizten Bonmots, dass übermütige Changieren, die verwechslungskomödiantische Oberfläche, der hedonistische Flitter - das alles ist beim Bamberger "Bunbury" kein Stilmittel der Wirklichkeitsverleugnung. Das alles ist im Gegenteil der Stoff, aus dem Schug und Al Khalisi eine sozialen Utopie formulieren.