Druckartikel: Das Geld sitzt immer lockerer

Das Geld sitzt immer lockerer


Autor: Matthias Litzlfelder

Nürnberg, Mittwoch, 04. Februar 2015

Laut GfK ist die Kauflaune der Deutschen so hoch wie seit 2006 nicht mehr. Zugleich haben die Nürnberger Marktforscher eine historisch niedrige Sparneigung festgestellt. Der Einzelhandel profitiert aber kaum davon.
Foto: Andreas Lander, dpa, Archiv


Ein robuster Arbeitsmarkt, niedrige Inflation und die Aussicht auf steigende Einkommen: Die Lust, Geld auszugeben, wird auch in diesem Jahr weiter ansteigen, so die Prognose der GfK-Marktforscher in Nürnberg. Der private Konsum soll wie schon im Vorjahr um real bis zu 1,5 Prozent zulegen. "Eine wichtige Stütze für die Konjunktur", sagt GfK-Chef Matthias Hartmann.

Acht-Jahres-Hoch bei Anschaffungen

Die Anschaffungsneigung der Deutschen verzeichnete im Januar laut GfK-Indikator mit 57,4 Zählern ein Acht-Jahres-Hoch. "Nur Ende 2006 wurde ein besserer Wert gemessen", berichtete GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl gestern bei einer Pressekonferenz am GfK-Sitz in Nürnberg. Damals hätten Vorzieh-Effekte aufgrund einer geplanten höheren Mehrwertsteuer für den Anstieg gesorgt.
Diesmal wird die Kauflaune von den optimistischen Einkommensaussichten und vor allem von den historisch niedrigen Zinsen in der Euro-Zone getragen. Seit der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem von ihr angekündigten Ankaufprogramm für Staatsanleihen ist die Sparneigung endgültig abgesackt. Erstmals lag der Indikator der GfK zum Sparverhalten im vergangenen Monat unter der Marke von Minus 60 Punkten. "Es erscheint im Moment nicht attraktiv, das Geld auf die hohe Kante zu legen", beschreibt Bürkl das Verhalten der Konsumenten.

E-Commerce nicht mehr zweistellig

Vom Trend zu noch höherem Konsum profitieren aber nicht alle. Die Umsätze im Einzelhandel sind vergangenes Jahr kaum gestiegen. Heuer soll es zumindest im sogenannten Non-Food-Einzelhandel (Elektro-Artikel/ Textilien/Möbel) mit einem Plus von voraussichtlich 1,3 Prozent wieder besser aussehen. Vor allem der Textilmarkt hat Nachholbedarf. Die ungünstige Wetterlage im letzten Jahresdrittel 2014 hatte die Umsätze hier regelrecht einbrechen lassen. Am Ende stand laut GfK ein Minus von zwei Prozent.
Etwas besser sieht es im Onlinehandel aus. "Allerdings ist auch beim E-Commerce das Wachstum inzwischen abgeflacht", berichtete GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth. Die Zeit zweistelliger Umsatzzuwächse könnte vorbei sein. 2014 wurden im E-Commerce laut GfK Umsätze in Höhe von 30,7 Milliarden Euro erzielt - eine Steigerung von fünf Prozent zum Vorjahr.

Lebensmittel: Qualität vor Preis

Was den Lebensmitteleinzelhandel angeht, so fällt das Wachstum laut Prognose der Marktforscher auch in diesem Jahr spärlich aus. Die Nürnberger Experten gehen hier von einem halben Prozent plus aus. Im vergangenen Jahr stagnierten die Umsätze. Die Menge an gekauften Lebensmitteln ist dabei zurückgegangen. Lediglich durch steigende Preise blieb das Wachstum stabil. Die Verbraucher kaufen bewusster ein. "Die Qualitätsorientierung steigt", sagte Adlwarth. Ein Trend, der sich weiter fortsetzt: Auf die Frage der GfK, ob man beim Einkaufen vor allem auf die Qualität oder auf den Preis achte, fand sich im vergangenen Jahr mit 51 Prozent erstmals eine Mehrheit für die Qualität. Noch 2003 hatten 59 Prozent angegeben, beim Einkaufen vor allem auf den Preis zu achten.

Häuser und Reisen

Die Vorliebe für höherwertige Lebensmittel scheint sich auch auf die Vertriebsschiene auszuwirken. Bei den Discountern sanken laut GfK 2014 die Umsätze um 1,3 Prozent, Vollsortimenter dagegen legten um 1,9 Prozent zu. "Die Renaissance der Supermärkte geht weiter", sagte Adlwarth. Außerdem schätze der Verbraucher inzwischen wieder verstärkt die räumliche Nähe.
Von der guten Konsumlaune profitieren derzeit vor allem zwei Bereiche: der private Wohnungsbau und Erlebnisangebote. Auch 2015 werden demnach die Ausgaben für den Immobilienmarkt und Renovierungen größeren Ausmaßes steigen. Aber auch die Tourismusbranche sowie Restaurants dürften laut GfK allen Grund zur Freude haben.
Die Marktforscher gehen davon aus, dass der private Konsum "in Europa insgesamt eine deutliche Stütze für die Konjunktur" sein wird.