Auch Stephanie Wetzel vom Verbraucherzentrale Bundesverband sieht ein mögliches Verbot kritisch. Sie teilte auf Anfrage mit, es sei wenig hilfreich, wenn Ersatzprodukte keine Namen von Produkten tragen dürfen, die typischerweise mit Fleisch assoziiert würden. Bei einem Begriff wie «Veganes Seitan-Schnitzel» wüssten Verbraucherinnen und Verbraucher, was sie geschmacklich erwarte und welche Ersatzzutat das Produkt enthalte.
Was sagen andere Gegner des Verbots?
Mehrere Handelsunternehmen - darunter die Discounter Aldi Süd und Lidl, die Burgerkette Burger King sowie Hersteller wie Beyond Meat - haben sich in einem gemeinsamen Brief dagegen ausgesprochen. Die vertrauten Begriffe böten Orientierung und ermöglichten bewusste Kaufentscheidungen, heißt es darin. Ein Verbot würde den Verkauf erschweren. «Von dem drohenden wirtschaftlichen Schaden wäre Deutschland besonders betroffen.» Dies sei der größte Markt für pflanzliche Alternativprodukte in Europa.
Unterzeichnet hat auch die Rügenwalder Mühle, die Fleisch- und Fleischersatzprodukte herstellt. «Aus unserer Sicht ist das nicht sinnvoll. Schnitzel oder Burger beschreiben eine Zubereitungsart – nicht das Ausgangsprodukt», sagte eine Unternehmenssprecherin. Die kurzfristigen Umstellungskosten schätze man auf einen einstelligen mittleren Millionenbetrag. Auch andere Handelsketten wie Rewe und Aldi Nord sowie der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels und der Lebensmittelverband Deutschland lehnen ein Verbot ab.
Auch von konservativen Politikern gibt es Gegenwind: Der deutsche CDU-Europaabgeordnete Peter Liese bezeichnete das geplante Verbot als «unsinnige Forderung». Es gebe wirklich andere Probleme und jeder könne selbst entscheiden, ob er einen «Veggie-Burger» kaufen wolle. Auch Politiker von SPD, Grünen sowie die Umweltorganisation Greenpeace sind gegen ein Verbot.
Wie denken Verbraucher darüber?
Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov befragte rund 4.200 Menschen ab 18 Jahren in Deutschland repräsentativ. Jeder Zweite (50 Prozent) findet, dass Bezeichnungen wie Schnitzel oder Wurst ausschließlich für tierische Produkte verwendet werden dürfen und pflanzliche Alternativen andere Namen tragen müssen. 28 Prozent lehnen dies ab, 21 Prozent machten keine Angabe. Nur jedem Vierten (24 Prozent) ist es wichtig, dass sich das EU-Parlament mit der Frage befasst, ob Bezeichnungen wie Wurst, Burger oder Schnitzel für pflanzliche Produkte genutzt werden dürfen. Zwei Drittel (67 Prozent) halten das für unwichtig. Knapp zehn Prozent haben keine Meinung.
Wie steht Deutschland zu dem Vorhaben?
Eine Position zu dem konkreten Vorhaben des Parlaments hat die Bundesregierung bislang nicht kommuniziert. «Die Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Verbraucherinnen und Verbraucher selbstbestimmt entscheiden sollen, wie sie sich ernähren», teilte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums vor der Abstimmung in Straßburg mit.
Grundsätzlich begrüße das Ministerium die klare Unterscheidung und Erkennbarkeit traditionell tierischer Lebensmittel und pflanzlicher Fleischersatzprodukte. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte jüngst in einem Interview gesagt: «Eine Wurst ist nicht vegan.» Weiter äußerte er sich zu dem Vorhaben des Europaparlaments jedoch nicht.
Wie groß ist der Markt für Fleischersatzprodukte in Deutschland?
Als Fleischersatz gelten Produkte wie vegane Schnitzel, Hack, Bratwurst und Wurst sowie Tofu und Falafel. Der Markt ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stark gewachsen. 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 121.600 Tonnen solcher Produkte hergestellt - 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit 2019 hat sich die Menge verdoppelt.
Im Vergleich zur konventionellen Fleischproduktion ist der Markt für Fleischersatz noch relativ klein. Der Pro-Kopf-Konsum von Produkten wie Veggie-Burgern oder Tofuwurst lag 2024 bei 1,5 Kilogramm, bei echtem Fleisch waren es 53,2 Kilo. Der Fleischkonsum hierzulande war jahrelang rückläufig, ist zuletzt aber leicht gestiegen, vor allem durch Geflügel.
Was sind die nächsten Schritte?
Das Parlament muss nun in Verhandlungen mit den EU-Staaten eine endgültige Einigung auf die neuen Regeln finden. Die dänische Ratspräsidentschaft teilte mit, man hoffe darauf, sich schnell einigen zu können. Ob sich für das Bezeichnungsverbot eine Mehrheit findet, ist unklar. Eine erste Verhandlungsrunde ist für den 14. Oktober vorgesehen.