Koalitionsstreit über Wehrdienst eskaliert
Autor: Michael Fischer, Jörg Ratzsch und Basil Wegener, dpa
, Dienstag, 14. Oktober 2025
Union und SPD wollten ihren Streit über das Wehrdienstmodell des Verteidigungsministers eigentlich beilegen. Jetzt ist das Gegenteil passiert.
Der Streit zwischen Union und SPD über den neuen Wehrdienst eskaliert. Die Koalitionspartner ließen am späten Nachmittag eine Pressekonferenz zu dem Gesetzentwurf wegen zu großer Unstimmigkeiten kurzfristig platzen. Eine vorher von Unterhändlern beider Seiten gefundene Grundsatzeinigung hatte zuvor in der SPD-Fraktion keine Zustimmung gefunden.
Unionsvorschlag für Losverfahren sorgt für Ummut
Für Unmut sorgt vor allem ein von der Union vorgeschlagenes Losverfahren bei der Auswahl von Wehrdienstleistenden. Ob das von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) stammende Gesetz wie geplant am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wird, ist nun nach Angaben von beiden Seiten wieder völlig offen.
In der SPD-Fraktionssitzung soll vor allem Pistorius selbst gegen die Einigung der Unterhändler Stimmung gemacht haben. Beim Verlassen der Fraktionssitzung distanzierte er sich vom Unions-Vorschlag eines Losverfahrens: «Das war nicht meine Idee, das war eine Unions-Idee.»
Rückfall in alte Muster
Die Koalition hatte sich nach der Sommerpause eigentlich vorgenommen, solche Streitigkeiten wie bei der geplatzten Wahl von drei Verfassungsrichtern oder der Senkung der Strompreise zu vermeiden. Der jetzige Eklat gehört aber nun in dieselbe Kategorie.
Das Kabinett hatte sich bereits im August auf den von Pistorius vorgelegten Entwurf verständigt, der zunächst einmal auf Freiwilligkeit bei der Rekrutierung von Wehrdienstleistenden setzt. Die Union war damit aber unzufrieden und drängte auf eine automatische Einführung der Wehrpflicht, wenn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht genug Freiwillige gefunden werden.
Nachverhandlungen und Meldungen über Grundsatzeinigung
Die Nachverhandlungen wurden von Siemtje Möller und Falko Droßmann für die SPD sowie Norbert Röttgen und Thomas Erndl für die Union geführt. Am Sonntagabend gab es erste Medienberichte über eine Einigung auf ein Losverfahren, für das die genauen Modalitäten aber unklar blieben. Am Montagabend fand eine finale Verhandlungsrunde statt, nach der von beiden Seiten von einer Grundsatzeinigung die Rede war.
Vormittags gegen 11.00 Uhr wurde die Einladung zur Pressekonferenz mit den vier Unterhändlern verschickt. Ein Eckpunktepapier mit den Inhalten war bereits fertig zur Verteilung an die Journalisten.