Chaos bei Schaeffler und Conti
Autor: Andreas Hoenig, dpa
, Freitag, 06. März 2009
Das Drama um die Zukunft von Continental und Schaeffler spitzt sich immer mehr zu. Die Fronten zwischen den Spitzen von Conti und des schwer angeschlagenen Großaktionärs sind mehr als verhärtet.
Am Freitag warf Conti- Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg endgültig das Handtuch, trat mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurück - und machte aus seinem Zorn über Schaeffler keinen Hehl. Sein Vorwurf: Schaeffler schade Continental, weil Conti in den Abwärtsstrudel der finanziell angeschlagenen Franken mitgerissen werde.
Es herrscht Chaos: Niemand weiß, wie es bei Schaeffler und Conti weitergeht, die Unsicherheit über die Zukunft ist groß. Die Gewerkschaften warnen bereits vor einer Zerschlagung und „Filetierung“ der Konzerne.
Mit oder ohne Conti?
Schaeffler ist wegen der auf Pump finanzierten Conti-Übernahme hoch verschuldet, hat einen Kapitalbedarf von bis zu sechs Milliarden Euro und bittet um Milliarden-Staatshilfen. Conti dagegen steht aus Sicht des Unternehmens vergleichsweise gut da - in Hannover ist man aber verärgert darüber, dass Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler stets im selben Atemzug von der Schaeffler/Conti-Gruppe spricht. Dabei sei Conti bis dato gar kein Teil von Schaeffler, sondern ein eigenständiger Konzern, der sehr gut ohne Schaeffler überleben könnte, hieß es im Umfeld des Unternehmens.
Von Grünberg machte am Freitag seinem Ärger Luft. „Es zeichnet sich ab, dass Continental weiter Schaden nimmt“, sagte der 66-Jährige nach einer Sitzung des Conti-Aufsichtsrats bei der Automobilsparte des Konzerns in Frankfurt. Und: „Wir laufen Gefahr, in das Schaeffler-Problem hineingezogen zu werden.“ Schaeffler sei der Forderung nach einem tragfähigen Zukunftskonzept nicht nachgekommen und stattdessen auf Konfrontationskurs gegangen.
Schaeffler wies die Vorwürfe zurück. Grünberg habe das Vertrauen im Aufsichtsrat verloren, sagte ein Sprecher in Herzogenaurach. Die Besprechung eines Zukunftskonzepts habe bei der Sitzung in Frankfurt überhaupt nicht auf der Agenda gestanden. Schaeffler arbeite weiterhin mit Hochdruck an diesem Papier.
Guttenberg bringt Insolvenz ins Spiel
Doch auch in der Politik herrscht wegen des ausbleibenden Konzepts zunehmend Skepsis mit Blick auf mögliche Staatshilfen. „Wir werden uns nicht allein mit Droh-Szenarien und ohne Antworten unter Druck setzen lassen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der „WirtschaftsWoche“. Er brachte stattdessen eine Insolvenz als Alternative ins Gespräch. Dies bedeute nicht automatisch den Untergang eines Unternehmens: „Wenn das Geschäftsmodell zukunftsträchtig ist, kann eine Insolvenz auch arbeitsplatzerhaltend wirken.“
Von Grünberg hat sich nun vom Spitzenposten zurückgezogen, überraschend schneller als erwartet. Er hatte zwar bereits Ende Januar auf Druck von Schaeffler angekündigt, seinen Chefposten zur Verfügung zu stellen - sollte aber einfaches Mitglied in dem Gremium bleiben. Dies hatte ein Kompromiss zwischen Schaeffler und Conti vorgesehen. Schaeffler aber wollte nun nicht mehr, dass von Grünberg im Aufsichtsrat bleibt. Sein Name fehlte auf der Liste für die künftige Besetzung des Gremiums, über die auf der Hauptversammlung am 23. April abgestimmt wird.
Von Grünberg sah dies als Affront und zog die Konsequenzen. Im Umfeld des Unternehmens hieß es, Schaeffler wolle einen Durchmarsch, der aber zu Lasten der Conti gehe.
Wird Übernahme wieder rückgängig gemacht?
Bei der Frage, wie es weitergeht, spielt die Conti-Hauptversammlung eine entscheidende Rolle. Es gilt nämlich als durchaus möglich, dass die Schaeffler-Gruppe - die knapp unter 50 Prozent an dem Unternehmen hält - bis dahin die Kontrolle über die Conti verloren hat. In der Branche wird damit gerechnet, dass die Schaeffler-Banken Kredite in Eigenkapital, also Aktien und Anteile, umwandeln und damit das Sagen bei den Franken bekommen. Es gilt sogar als möglich, dass die gesamte Continental-Übernahme wieder rückgängig gemacht wird.
Als Nachfolger von Grünbergs steht eigentlich bereits seit Ende Januar der Schaeffler-Berater Rolf Koerfer fest. Er sollte ursprünglich am Freitag zum neuen Conti-Aufsichtsratschef gewählt werden. Das Landgericht Hannover aber setzte Koerfers Bestellung in den Aufsichtsrat vorerst außer Kraft - weil ihm aus dem Aktionärskreis ein Interessenkonflikt vorgeworfen wird. dpa