Töchter-Demos gegen Merz - Kanzler hält alles für geklärt
Autor: Michael Fischer und Anne-Béatrice Clasmann, dpa
, Dienstag, 21. Oktober 2025
Der Kanzler sieht keinen weiteren Klärungsbedarf. Aber seine Äußerungen zum Stadtbild, zu Abschiebungen und Töchtern sorgen weiterhin für heftige Diskussionen - auch in den eigenen Reihen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stößt auch beim Koalitionspartner SPD und in der eigenen Partei mit seinen Äußerungen über das «Stadtbild» und Migration auf Kritik. Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: «Natürlich haben wir an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild, aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, ist zu kurz gesprungen, erweckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.»
Die Äußerung wird auch zum Problemfall für die Koalition. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf warf Merz vor zu spalten. Und die Umwelt- und Klimaaktivistin Luisa Neubauer rief zu einer spontanen Demonstration vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin auf, Tausende folgten dem Aufruf.
Merz wollte sich heute bei einer Pressekonferenz in Stuttgart nicht mehr zu dem Thema äußern. «Was ich mit diesem Wort gemeint habe - in der letzten Woche in Potsdam so gesagt, gestern nochmal wiederholt in einer Pressekonferenz - ist deutlich geklärt worden.»
Merz: «Fragen Sie mal Ihre Töchter»
Ausgangspunkt für die Debatte ist eine Äußerung des Kanzlers bei einer Pressekonferenz in Potsdam auf die Frage eines Reporters zum Erstarken der AfD. Merz sagte daraufhin unter anderem, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. «Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.»
Am Montag wurde Merz auf einer weiteren Pressekonferenz gefragt, was er genau damit gemeint habe, was er damit bezwecken wolle und ob er etwas davon zurückzunehmen habe. «Ich habe gar nichts zurückzunehmen», sagte er daraufhin. «Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte. Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort. Ich habe gar nichts zurückzunehmen. Im Gegenteil. Ich unterstreiche jetzt noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern, und der Bundesinnenminister ist dabei, daran etwas zu ändern und wir werden diese Politik fortsetzen.» Merz hat selbst zwei Töchter und insgesamt sieben Enkel.
Töchter demonstrieren vor CDU-Zentralen
Die Äußerungen des Kanzlers wurden von vielen als diskriminierend wahrgenommen. Die 29-jährige Klima-Aktivistin Neubauer schrieb auf Instagram: «Wir sind plusminus 40 Millionen Töchter in diesem Land. Wir haben ein aufrichtiges Interesse daran, dass man sich mit unserer Sicherheit beschäftigt. Worauf wir gar keinen Bock haben, ist, als Vorwand oder Rechtfertigung missbraucht zu werden für Aussagen, die unterm Strich einfach diskriminierend, rassistisch und umfassend verletzend waren.»
Vor der CDU-Zentrale in Berlin demonstrierten am Abend Menschen unter dem Motto «Feministische Kundgebung: Wir sind die Töchter». Dazu aufgerufen hatte das Bündnis «Zusammen gegen Rechts». Laut Berliner Polizei nahmen rund 2.000 Menschen an der Kundgebung teil, die Veranstalter sprachen von 7.500 Teilnehmern. Am Mittwoch soll es auch eine Demo in Kiel geben, die von Fridays for Future organisiert wird.