Bommi Baumann ist gestorben
Autor: Rudolf Görtler
Berlin, Donnerstag, 21. Juli 2016
Michael "Bommi" Baumann spielte im anarchistischen Flügel des deutschen Terrorismus eine große Rolle.
Mitte der siebziger Jahre wurde ein von der Staatsanwaltschaft verbotenes Buch in der linken Szene viel diskutiert: Es hieß "Wie alles anfing", war vom ehemaligen bewaffneten Kämpfer Michael "Bommi" Baumann verfasst worden und im Münchner Trikont-Verlag veröffentlicht. Die linke Szene in dieser Form gibt es nicht mehr, der Trikont-Verlag ist ein kleines, feines Plattenlabel geworden, und am 19. Juli ist der Autor Bommi Baumann in Berlin nach längerer Krankheit gestorben.
Den 1947 geborenen Baumann unterschied manches von den RAF-Terroristen. Er stammte im Gegensatz zu den entflohenen Bürgerkindern der RAF tatsächlich aus der Arbeiterklasse, war gelernter Betonbauer und zeitlebens zu einer proletarischen Gewitztheit und einem Realitätssinn fähig, wie er auch geläuterten Genossen meist abgeht. Ende der Sechziger tauchte er wie so viele in die linke Szene West-Berlins ein - gleichzeitig auch in die Drogenszene. Er gehörte einem "Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen" ("High sein, frei sein, ein bisschen Terror muss dabei sein") an, den "Tupamaros West-Berlin" und dem Nukleus der "Bewegung 2. Juni", deren spektakulärste Tat die Entführung des CDU-Politikers Peter Lorenz im Frühjahr 1975 war.
Doch da hatte sich Bommi Baumann vom bewaffneten Kampf bereits distanziert, nachdem sein Freund Georg von Rauch von der Polizei erschossen worden war und eine von ihm mitgebaute Bombe im Berliner britischen Yachtklub einen Hausmeister getötet hatte.
"Wie alles anfing" wurde schließlich legal. Es ist mitnichten ein Aufruf zur Gewalt, sondern der Rechenschaftsbericht eines Rebellen, der einsieht, dass er auf einen Irrweg geraten ist. Jahre der Flucht folgten für Baumann, u.a. in Syrien, Indien und Afghanistan. Und der Drogensucht, wovon er in einem späteren Buch berichtete. 1981 wurde er gefasst und zu fünf Jahren Haft verurteilt. 1998 wurde bekannt, dass Baumann bei einem Transit festgenommen und von der DDR-Stasi zu einem Bericht über Gesinnungsgenossen im Westen erpresst worden war.
Nach seiner Haftentlassung arbeitete Baumann wieder als Betonbauer und in der Drogenberatung. Er wurde zu einem wichtigen Zeugen für Zeitgeschichtler, die u.a. mit Interesse sein Indiderwissen zum Verfassungsschutzspitzel Peter Urbach rezipierten. Das Thema interessierte ihn ein Leben lang, ebenso wie ihn die Folgen seiner jahrelangen Opiatsucht ein Leben lang plagten.