Bezahlte Freistellung für Väter nach der Geburt: Regierung berät über Gesetz zum Vater-Urlaub
Autor: Agentur dpa
Deutschland, Freitag, 15. Sept. 2023
Die Bundesregierung berät über ein Gesetz, durch das Väter nach der Geburt ihres Kindes zwei Wochen bezahlt freigestellt werden sollen. Ein Softwarekonzern geht nun einen großen Schritt weiter. Könnte das ein Vorbild für andere Unternehmen sein?
Der Softwarekonzern SAP ist bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in die Offensive gegangen. Das Dax-Unternehmen aus Walldorf teilte am Donnerstag der Belegschaft in Deutschland mit, ab dem kommenden Jahr Väter oder andere Partner oder Partnerinnen nach der Geburt ihres Kindes sechs Wochen bezahlt freizustellen. "Wir wollen damit zeigen, dass Familienvereinbarkeit und Karrieremachen keine Widersprüche sind", sagte der Personalchef von SAP in Deutschland, Cawa Younosi. Er rechne mit 700 bis 800 Vätern pro Jahr, wenn mehr als 90 Prozent der Berechtigten das Angebot annehmen. Dabei sollen Kosten in Höhe von jährlich mehreren Millionen Euro anfallen.
Im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP angekündigt, eine zweiwöchige vergütete Freistellung für den Partner oder die Partnerin nach der Geburt eines Kindes einzuführen. Für das Vorhaben kursieren unterschiedliche Begriffe, mal ist von Vaterschaftsurlaub, mal von Väterzeit die Rede - da es meistens Vätern zugutekäme. SAP nennt sein Programm "Partnerzeit".
SAP gewährt sechswöchige "Partnerzeit" - Bundesregierung berät über Gesetzentwurf
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach am Dienstag über das Vorhaben und nannte es "Familienstartzeit". Damit solle dem Partner oder - bei lesbischen Paaren - der Partnerin Zeit gegeben werden, sich um die Mutter zu kümmern und sie bei der Regeneration zu unterstützen. Der Gesetzentwurf werde derzeit innerhalb der Bundesregierung beraten. Im November des vergangenen Jahres hatte Paus noch eine Umsetzung für das Jahr 2024 angekündigt. Auf Anfrage wollte sich das Ministerium nun zu einem konkreten Zeitpunkt nicht offiziell äußern.
Dass SAP mit dem Programm ein Vorreiter zu sein scheint, zeigen Anfragen bei mehreren Dax-Unternehmen. Die meisten heben in ihren Antworten bestehende Angebote hervor und betonen, sich an neue Gesetze halten zu wollen. So weit wie SAP lehnte sich aber keines der angefragten Unternehmen aus dem Fenster. Vereinzelt gab es auch Kritik an dem Vorhaben der Koalition.
So begrüßte Siemens zwar den Ansatz einer Väterzeit hinsichtlich einer Gleichverteilung der familiären Betreuungsarbeit zwischen den Geschlechtern. "Aus Siemens-Sicht sollte jedoch – wie beim Elterngeld – die Freistellung aus Steuermitteln finanziert werden und nicht den Arbeitgebern aufgebürdet werden", teilte der Münchener Konzern mit.
Unternehmen äußern sich zu dem Väter-Vorstoß - Porsche begrüßt Pläne der Regierung
"Eine zusätzliche Väterzeit halten wir vor dem Hintergrund unserer bereits bestehenden Angebote und der damit möglichen Flexibilität nicht für notwendig", teilte der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental mit.
"Das bestehende Elternzeitmodell ist ein Erfolg", teilte Thomas Ogilvie, Personalvorstand der DHL Group, mit. Die bisherigen Möglichkeiten seien gut etabliert und würden von Vätern wie Müttern gerne in Anspruch genommen. Aus Sicht des Unternehmens müssten diese nicht geändert werden. Derzeit gebe es einen Tag Sonderurlaub für die Geburt und die Elternzeit, sonst aber keine weitere Freistellung.