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Berlin: Einigung bei Kindergrundsicherung - "Erfolg" für Familienministerin Paus


Autor: Agentur dpa

Berlin, Montag, 28. August 2023

Die Kindergrundsicherung kann kommen - zumindest, wenn es nach der Ampel-Koalition geht. Die Einigung erfolgte nach einer stundenlangen Nachtsitzung mit Kanzler Scholz. Doch es könnten noch Änderungen anstehen.
Hubertus Heil (SPD, l-r), Bundesminister für Arbeit und Soziales, Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, und Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, verabschieden sich nach der Pressekonferenz zur Vorstellung der Einigung der Koalition über die Eckpunkte der Kindergrundsicherung.


Update vom 28.08.2023,: Kinderschutzorganisationen enttäuscht von Einigung bei Kindergrundsicherung 

Sie war der Grund für monatelangen Zoff zwischen Grünen und FDP: Nun hat sich die Ampel-Koalition bei der Kindergrundsicherung geeinigt. Zum Teil seien es "wirklich sehr harte Verhandlungen" gewesen, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) bei der Vorstellung der Ergebnisse am Montag (28. August 2023) in Berlin. "Aber es hat sich gelohnt." Laut Paus werden für die Einführung der Kindergrundsicherung im Jahr 2025 zunächst 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten veranschlagt. Bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohte Familien und ihre Kinder bekämen die Leistungen schneller, einfacher und direkter. Darunter seien Millionen, die vorher nicht wussten, dass sie ihnen zustehen. Das Ergebnis sei die umfassendste Sozialreform seit vielen Jahren.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) geht davon aus, dass der Bund nach der Kindergrundsicherung mehrere Jahre keine weitere große Sozialreform mehr finanzieren kann. Die Kindergrundsicherung werde 2025 rund 400 Millionen Euro mehr kosten als bisher geplant. "Das erhöht den Handlungsbedarf, den wir im Haushalt 2025 haben werden, weiter", sagte er. "Weshalb ich die Prognose wage, dass es sich bei der Kindergrundsicherung mit Blick auf die nächsten Jahre um die letzte größere Sozialreform handelt, die noch in den Haushaltsrahmen des Bundes passt."

Nach monatelangem Streit - Ampel-Koalition einigt sich bei Kindergrundsicherung 

Grüne und FDP hatten monatelang heftig über die Finanzierung gestritten und sich in der Nacht zum Montag (27./28. August 2023) schließlich geeinigt. Familienministerin Paus wollte zuerst 12 Milliarden Euro pro Jahr für das Vorhaben. Finanzminister Lindner nannte als "Merkposten" eine Summe von nur 2 Milliarden Euro.

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Linder sprach nach der Einigung davon, dass es keine generellen Leistungsverbesserungen für Eltern geben werde, die nicht erwerbstätig seien. Der beste Weg, Armut zu überwinden, sei Arbeit.

Am Sonntagabend (27. August 2023) waren Kanzler Olaf Scholz (SPD), Paus und Lindner zu Gesprächen im Kanzleramt zusammengekommen. Gegen Mitternacht wurde bekannt, dass man sich bei der Kindergrundsicherung zusammengerauft hat. Lindner hatte zuvor im ZDF-"Sommerinterview" gesagt, dass er mit einer schnellen Einigung auf Eckpunkte rechne. Danach würden Verbände und Länder beteiligt, und erst dann werde es einen fertigen Gesetzentwurf geben, der an den Bundestag gehe.

Einigung bei Kindergrundsicherung - Linder spricht von "umfassendster Sozialreform seit vielen Jahren"

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wies darauf hin, dass noch Änderungen im parlamentarischen Verfahren möglich seien. Parlament und auch SPD-Fraktion würden das ein oder andere am Gesetzentwurf möglicherweise "präzisieren", sagte Mützenich am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Bundestag von der Regierung bald einen "belastbaren Gesetzentwurf" bekommt.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag sollen darin gebündelt werden. Durch mehr Übersichtlichkeit und mithilfe einer zentralen Plattform sollen auch viele Familien erreicht werden, die bisher wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden ihnen zustehende Gelder nicht abrufen.

Bundeskanzler Scholz begrüßte die Verständigung, wie der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte. Scholz sei sich sicher gewesen, bis Ende August zu einer Einigung zu kommen, und das sei so gelungen.

Kinderschutzorganisationen enttäuscht von Reform

Kinderschutzorganisationen sind hingegen unzufrieden mit der Einigung. "Das, was die Bundesregierung vorschlägt, ist enttäuschend. Das ist keine Kindergrundsicherung", kommentierte die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen.

Auch das Deutsche Kinderhilfswerk befand, dass die Einigung hinter den Erwartungen zurückbleibe. Zwar gehe es endlich einen Schritt vorwärts mit der Einigung, sagte der Präsident der Organisation, Thomas Krüger. "Die Kindergrundsicherung ist aber nach jetzigem Planungsstand nicht der erhoffte große Wurf, der die Kinderarmut in Deutschland umfassend und nachhaltig beseitigt", urteilte Krüger.

Familienministerin Paus gestand ein, dass sie sich ursprünglich mehr erhofft hatte. Es sei kein Geheimnis, dass sie im Einklang mit sehr vielen Wissenschaftlern und Verbänden "einen noch größeren Schritt im Kampf gegen Kinderarmut für notwendig erachte", sagte sie. "Aber mit dem heutigen Tag wird uns der Paradigmenwechsel im Kampf gegen Kinderarmut gelingen."

Ursprungsmeldung vom 28.08.2023, 7.11 Uhr: Grünes Licht für die Kindergrundsicherung? Ampel meldet Durchbruch

Kurz vor ihrer Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg hat sich die Ampel-Regierung beim Streitthema Kindergrundsicherung geeinigt. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in der Nacht zum Montag in Berlin aus drei Quellen der Ampel-Koalition. Details sollen dem Vernehmen nach an diesem Montag vorgestellt werden.

Aus Grünen-Kreisen hieß es: "Heute Nacht ist die Einigung bei der Kindergrundsicherung erfolgt. Bundesministerin Lisa Paus kann das als Erfolg für sich verbuchen, dass es ihr gelungen ist, die Weichen für das Projekt zu stellen." Der Einigung gingen monatelange und verbissene Grundsatzdiskussionen vor allem zwischen den Grünen und der FDP in der Ampel von Kanzler Olaf Scholz (SPD) voraus.

Scheinbar Einigung bei Kindergrundsicherung - Grüne sprechen von Erfolg

Am Sonntagabend waren Scholz, Paus und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu Gesprächen im Kanzleramt zusammengekommen. Gegen Mitternacht wurde bekannt, dass man sich bei der Kindergrundsicherung zusammengerauft hat. Lindner hatte zuvor im ZDF-"Sommerinterview" gesagt, dass er mit einer schnellen Einigung auf Eckpunkte rechne. Danach würden Verbände und Länder beteiligt, und erst dann werde es einen fertigen Gesetzentwurf geben, der an den Bundestag gehe.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag sollen darin gebündelt werden. Durch mehr Übersichtlichkeit und mithilfe einer zentralen Plattform sollen auch viele Familien erreicht werden, die bisher wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden ihnen zustehende Gelder nicht abrufen. "Wir wollen mehr Kinder aus der Armut holen und setzen dabei insbesondere auch auf Digitalisierung", heißt es dazu im Koalitionsvertrag.

Zwischen Grünen und FDP hatte sich allerdings ein Dauerstreit darüber entwickelt, wie viel Geld der Staat nun für die Kindergrundsicherung ausgeben soll und ob Leistungen erhöht werden sollen oder nicht. Die zuständige Familienministerin Paus hatte zuerst 12 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt, sie sprach später von bis zu 7 Milliarden Euro. Finanzminister Lindner nannte als "Merkposten" eine Summe von zunächst nur 2 Milliarden Euro. Auf welche Summe sich die Koalition in den Gesprächen nun geeinigt hat, war zunächst unklar.

Streit zwischen FDP und Grünen - wie soll die Kindergrundsicherung aussehen?

Auch vor der Sommerpause hatten sich die Koalitionäre immer wieder gestritten, besonders heftig etwa über das sogenannte Heizungsgesetz. An diesem Dienstag kommen Scholz und die Minister auf Schloss Meseberg bei Berlin zu ihrer fünften Kabinettsklausur zusammen. Der Kanzler bemühte sich am Wochenende um mehr Geschlossenheit in der Ampel-Regierung. Auf die Frage, ob gegenseitige Gesetzesblockaden weitergehen würden, sagte er der Mediengruppe Bayern: "Davor kann ich nur warnen." Zudem sagte er: "Wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, die Erfolge der Regierungstätigkeit herauszustellen und die nötigen Diskussionen über unsere Vorhaben intern führen."

Zunächst tagt an diesem Montag und Dienstag in Wiesbaden die SPD-Fraktion - die Fraktion der Grünen kommt parallel in Berlin zusammen. Bei der SPD-Fraktion geht es vor allem um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Die Abgeordneten der Fraktion, zu denen auch Scholz gehört, wollen dazu ein konkretes Konzept beschließen. Die Fraktionsspitze schlägt einen auf mindestens fünf Jahre befristeten Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde für besonders stark von hohen Energiekosten betroffene Unternehmen vor.

Scholz hat sich bisher skeptisch zu der Staatshilfe geäußert. Bei der Klausur muss er nun Farbe bekennen. Das Thema birgt neues Konfliktpotenzial für die Ampel. Die FDP lehnt die Subvention ab, die Grünen sind dafür. Eine weitere Beschlussvorlage für die SPD-Klausur befasst sich mit dem Thema Wohnen. Darin ist die Rede von einem "bundesweiten Mietenstopp". Konkret wird gefordert, dass Mieten in angespannten Wohngegenden in drei Jahren um maximal sechs Prozent und zudem nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen dürfen.

Mietenstopp und Industriestrompreis - Weitere Streitpunkt offen

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert angesichts steigender Mieten Tempo bei Reformen, die im Koalitionsvertrag mit SPD und FDP angekündigt sind. "Die Verlängerung der Mietpreisbremse, die deutliche Absenkung der Kappungsgrenze und zusätzlich die klare Regulierung von Indexmieten sind dringend notwendig", sagte Dröge den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Mieten stiegen enorm und brächten Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zunehmend an die Belastungsgrenze. "Trotzdem warten wir nun schon seit 1,5 Jahren auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags in Sachen bezahlbare Mieten."

Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen auf elf Prozent in drei Jahren abzusenken. Aktuell gilt eine Grenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent in drei Jahren. In Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt sie bei 15 Prozent. Pläne zu einer Begrenzung von Indexmieten werden im Koalitionsvertrag nicht genannt. Indexmietverträge ermöglichen es Vermietern, die Mieten jährlich zu erhöhen, wenn die Verbraucherpreise steigen. Der für das Thema zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich bisher gegen eine Beschränkung bei Indexmieten ausgesprochen. Zustimmung findet das Thema aber auch bei der SPD.