Bei Caesar in den 50-er Jahren
Autor: Berthold Köhler
Berlin, Donnerstag, 11. Februar 2016
Zum Auftakt ein Star: George Clooney präsentierte den anspielungsreichen, aber doch weit entfernten Filmemacher-Film der Coen-Brüder.
Gut, dass George Clooney einen Narren an den Internationalen Berliner Filmfestspielen (oder vielleicht auch einfach nur an der Stadt) gefressen hat. So kommt Clooney - zweifellos einer der wenigen, echten Hollywood-Stars - immer wieder gerne zur Berlinale, um dort seine neuen Filme vorstellen. Und die Berlinale darf sich über das freuen, was so ein Filmfestival gerade in seinen ersten Tagen braucht: Stars und mediale Aufmerksamkeit! "Hail, Caesar!" hat Clooney gestern Abend seinen vielen Fans mitgebracht - ein Hollywood-Spektakel, zudem auch noch von den Coen-Brüdern inszeniert. Das muss gefeiert werden.
Dabei ist "Hail, Caesar!" kein Film, über den man noch in Jahrzehnten reden wird. Denn die Retro-Farce über das Hollywood-Business der 50-er Jahre tappt nicht als erster Film dieser Art in eine klassische Falle: Wenn Filmemacher Filme über Filmemacher machen, dann neigen sie dazu, allzu arg im eigenen Saft zu kochen. Fast zwanghaft schwelgt das von Joel und Ethan Coen geschriebene Drehbuch in alten Zeiten, bringt immer Anspielungen auf große Filmklassiker oder Hollywood-Mythen wie die groteske Kommunisten-Hatz, die Anfang der 50-er Jahre wirklich einigen vielversprechenden Karrieren ein verfrühtes Ende bereitete. Die Coens packen in nicht einmal zwei Stunden alles rein - und das wird zu viel.
Vielbeschäftiger Mannix
Immerhin: Der Plot bleibt einigermaßen überschaubar. Leitfigur ist nicht Clooney, sondern Josh Brolin - kein Superstar, aber ein wirklich guter Schauspieler. Er spielt den Eddie Mannix (ihn gab es wirklich), den Macher in einem der großen Hollywood-Studios. Dort gehen gerade die Dreharbeiten zum (jetzt aber fiktiven) Monumentalschinken "Hail, Caesar!" ihrem Ende entgegen, als plötzlich der Hauptdarsteller - nun ist endlich auch George Clooney an der Reihe - verschwindet. Als ob Mannix nicht genug zu tun hätte: Der Rüstungskonzern Lockheed würde ihn gerne als "Fixer" (Problemlöser) für die Folgen eines Atombomben-Versuchs im Bikini-Atoll abwerben. Ein Western-Superstar setzt seinen Imagewandel zum ernsten Film in den Sand, und das Rauchen kriegt Mannix auch nicht los - was für ein Arbeitstag, den man sich da anschauen darf.
"Hail, Caesar!" ist ein Schauspieler-Film. Neben Clooney in einer Paraderolle als begrenzt intelligenter Römer glänzt Tilda Swinton bei einem ein bisschen zu klein geratenen Doppel-Auftritt: Sie spielt die Thacker-Schwestern - zwei Klatsch-Reporterinnen der ersten Stunde, die Mannix gewaltig auf die Nerven gehen. Drumherum sind noch jede Menge anderer Hollywood-Stars versammelt: Ralph Fiennes, Scarlett Johansson und Channing Tatum sind nur die bekanntesten davon.
Letztlich bleibt aber alles, insbesondere für das nicht kinohistorisch interessierte Publikum, ein bisschen zu weit weg. Das liegt auch an der gesamten Machart des Films, die so sehr nach Pappmaché und 50-er Jahre riecht, dass sie nicht mehr ins Heute passt. Das wird von den Coen-Brüdern, die vor vier Jahren mit "True Grit" vielumjubelt dem Western in Berlin wieder Leben einhauchten, durchaus gewollt gewesen sein. Fu
"Hail, Caesar!" eröffnete die 66. Berlinale gestern als Beitrag außerhalb des offiziellen Wettwerbes. Von heute an bewerben sich 18 Filme um die goldenen und silbernen Bären. Quantitativ gab es schon stärkere Wettbewerbe, doch das muss kein Maßstab für die Qualität sein. Und Stars wird es auch noch geben - spätestens, wenn am Montag Emma Thompson und Daniel Brühl im Widerstands-Drama "Jeder stirbt für sich allein" zu sehen sind.
Berlinale-Tagebuch
Kein Monster mehr im Sack
Er gehörte zu den Internationalen Filmfestspielen wie das schlechte Wetter: Der Berlinale-Katalog. Locker über 400 Seiten dick, gespickt mit den wichtigsten Informationen zu (fast) allen Filmen, die auf dem größten deutschen Filmfestival zu sehen sind. Ein Trumm von Druckprodukt, das es heuer zum ersten Mal in der 66-jährigen Berlinale-Geschichte nicht mehr gibt. Im digitalen Zeitalter, wo die Berlinale sogar eine eigene - auf den ersten Blick recht gute - App hat, ist der Monster-Katalog überflüssig geworden.
Traditionalisten bedauern dies freilich, aber letztlich wird der Rucksack (real, nicht bildlich gesprochen), den jeder Berlinale-Dauergast während des Festivals mit sich herumschleppt, wenigstens ein bisschen leichter. Ein kleiner tut's auch, was ganz gut ist: Denn aus Sicherheitsgründen hat die Berlinale-Leitung XXL-Rucksäcke und große Taschen aus den Kinos verbannt.
Kleiner, leichter, schneller - so sind die neuen Zeiten. Nur das Kino, das ist immer noch groß. Da kommen Online-Streaming und Download-Plattformen lange nicht heran.