Bauernprotest in Berlin: Worum geht es?
Autor: Sascha Meyer und Andreas Hoenig, dpa
, Montag, 15. Januar 2024
Die Ampel-Pläne für ein Ende der Diesel-Subventionen haben unter Bauern enormen Ärger ausgelöst. Heute soll der Protest wieder in Berlin laut werden - und was dann? Wie geht es beim Agrardiesel weiter?
Es ist der vorläufige Höhepunkt der Bauernproteste. Heute werden Tausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit vielen Traktoren zu einer Großdemonstration in Berlin erwartet. Unter Landwirten gibt es mächtig Ärger, weil die Bundesregierung Diesel-Vergünstigungen schrittweise streichen will.
Die Ampel-Koalition will bisher beim Agrardiesel hart bleiben - macht aber deutlich, sie wolle die Bauern beim Strukturwandel stärker unterstützen, zum Beispiel beim Umbau der Tierhaltung.
Worum dreht sich der Streit?
Mit Trecker-Korsos machten Landwirte in den vergangenen Tagen quer durch die Republik Front gegen schon abgeschwächte Einsparpläne der Bundesregierung für den Haushalt 2024. Konkret soll die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung wegfallen. Noch können sich Betriebe die Energiesteuer teilweise zurückerstatten lassen - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Ursprünglich sollte die Hilfe sofort ganz wegfallen. Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge hat die Regierung ganz fallen gelassen.
Was fordern die Bauern?
Der Bauernverband hält die Korrekturen für unzureichend und fordert eine komplette Rücknahme der Mehrbelastungen. «Ein fauler Kompromiss, wie er derzeit auf dem Tisch liegt, kann keine Lösung sein - denn der wird keinen Traktor von der Straße holen», hatte Bauernpräsident Joachim Rukwied deutlich gemacht. Der Verband setze darauf, dass die Fraktionsvorsitzenden der Ampel bei einem Gespräch mit Bauernverbänden eine Lösung zum Agrardiesel vorlegen. Rukwied sagte: «Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Beim Gespräch am Montag kann es zunächst nur um den Agrardiesel gehen.»
Wie ist die Position der Regierung?
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere andere Ampel-Politiker haben angesichts des Proteststurms schon Verständnis und Dialogbereitschaft signalisiert. Konkrete weitere Zugeständnisse beim Agrardiesel waren vorerst aber nicht in Sicht. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) dringt darauf, der Branche gerade jetzt neue Chancen und Planungssicherheit zu eröffnen - etwa mit einer dauerhaft gesicherten Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung hin zu besseren Bedingungen über eine Tierwohlabgabe.
Die FDP signalisierte nun Bereitschaft für eine Tierwohlabgabe, die auch auf Verbraucher umgelegt werden könnte. Die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Carina Konrad sagte der «Süddeutschen Zeitung», eine Tierwohlabgabe könnte ein Weg sein, die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe verlässlich zu unterstützen.
Bei der Demo redet auch Finanzminister Christian Lindner (FDP). Er dämpfte vorab Erwartungen, dass auf die Subventionsstreichungen komplett verzichtet werde. Lindner sagte am Sonntag, er werde bei der Kundgebung «nicht versprechen können, dass alle Bereiche der Gesellschaft Konsolidierungsbeiträge leisten müssen - nur einer nicht». Die Bundesregierung muss wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Bundeshaushalt stopfen.