Auf fränkischen Spuren
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Regensburg, Donnerstag, 17. Oktober 2019
Das neue Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg präsentiert hochrangige Exponate und Klischees. Wir haben dort nach fränkischen Spuren gesucht.
S chlimmer geht's nimmer, denkt der Franke, wenn er zum ersten Mal das neue Haus der Bayerischen Geschichte am Regensburger Donauufer betritt. Sicher, das 17 Meter hohe Foyer ist lichtdurchflutet. Aber das Glasdach besteht aus bayerischen Rauten statt fränkischem Rechen. Und zu allem Überfluss begrüßt ein vier Meter hoher Löwe mit Bierkrug in der Tatze, ein ehemaliger Präsentator auf dem Münchner Oktoberfest. Allmächd! Was ist dann bloß alles an bajuwarischen Schaurigkeiten in der Dauer- und in der Landesausstellung zu erwarten?!
Der Franke macht sich skeptisch über die Rolltreppe hinauf ins Obergeschoss. Hier soll sich auf 2.500 Quadratmetern der Weg Bayerns zum modernen Freistaat erschließen, vom Beginn des Königreiches 1806 bis heute.
Der bisher noch voreingenommene Franke kommt nicht umhin zu staunen. Die Ausstellungsmacher um Hausherrn Richard Loibl haben zwar nicht auf weitere typische Bayern-Klischees verzichtet, wie natürlich Porträts des unvermeidlichen "Kinni" Ludwig II. oder altbayerische Trachten, Bergpanoramen und Zwiebeltürme. Aber diese Schau wird in der Auswahl von insgesamt 1000 Exponaten allen Volksstämmen im Freistaat gerecht.
Da kann selbst der Franke nur zustimmend mit dem Kopf nicken, wenn er das Eingangszitat eines französischen Agenten aus dem Jahr 1795 liest: "Bayern ist ein irdisches Paradies." Als Bündnispartner jedoch nicht geeignet. Denn die bayerische Regierung sei die "schlechteste aller schlechten Regierungen Europas". Vielleicht nickt der Franke jetzt noch heftiger sein Ja zu diesen Worten. Zumal er am Kanonendonner und Schlachtenlärm merkt, dass Bayern doch nicht so paradiesisch ist. Das moderne Bayern wurde in den Napoleonischen Kriegen geboren. Was nach all den Wirren blieb, war das neue Bayern mit Schwaben und Franken, die fortschrittliche bayerische Verfassung und ein verwüstetes Land.
Damit beginnt die Geschichte, die auf 36 Bühnen jede Generation erzählt. In acht Kulturkabinetten werden im weitesten Sinne kulturelle Phänomene gezeigt, die besonders mit Bayern verbunden sind: Von den Dialekten über die Feste bis zur Religion. Der Ausstellungsbesucher bekommt eine kurzweilige Lehrstunde verpasst und prägt sich die Ereignisse der letzten 200 Jahre ein: Warum Bayern als der deutsche Verfassungsstaat schlechthin gilt. Vom mysteriösen Tod Ludwigs II. Was Radfahrer mit dem König zu tun haben. Wie Bayern in Chicago erstmals traditionell und revolutionär zugleich auftrat. Wie Hitler in München groß wurde. Wie Vertriebene in Franken Popmusik möglich machten. Wie Gastarbeiter Bayern veränderten, Olympia große Show bot, ein Ballon in Naila landete und Furore in Hollywood machte.
Da der Franke seine Herkunft nicht vergisst, sucht er natürlich am Medientisch im Kulturkabinett "Heimat im Kleinformat", einer raumfüllenden Bayernkarte, seinen Ort unter den heute 2056 Gemeinden in Bayern. An den Wänden ein Postkartenidyll aus der Zeit um 1900: Von Bamberg über Bischofsheim v.d.Rhön bis Nürnberg, Pegnitz, Pottenstein oder Uffenheim.
Außerdem: Demokratie live! Die Besucher können sich an politischen Abstimmungen in originalen Stühlen des alten Plenarsaals des bayerischen Landtags beteiligen. Schließlich haben auch fränkische MdLs die Sitze blankgescheuert. Besonders ist auch ein Autokorso über den Brenner, der für die Zeit des Wirtschaftswunders steht und für die Autoindustrie, die das Land bis heute wirtschaftlich prägt.