Rückschlag für «grünen» Stahl - ArcelorMittal ändert Pläne
Autor: Andreas Hoenig, dpa
, Donnerstag, 19. Juni 2025
Der Hochlauf von «grünem» Wasserstoff kommt nicht in Gang, die Strompreise in Deutschland sind hoch. Das hat nun enorme Konsequenzen.
Rückschlag für den «grünen» Umbau der Stahlindustrie in Deutschland: ArcelorMittal Europe verfolgt Pläne nicht weiter, die Flachstahlwerke in Bremen und Eisenhüttenstadt auf eine klimaneutrale Produktion ohne Kohleverbrennung umzustellen, wie der Konzern mitteilte. Aufgrund der Marktsituation und der fehlenden Wirtschaftlichkeit einer CO2-reduzierten Stahlproduktion könnten die Investitionen nicht weitergeführt werden. Der Konzern nimmt damit staatliche Fördergelder nicht in Anspruch.
ArcelorMittal verwies auf eine Verpflichtung, die Entscheidung mitzuteilen - da der Vertrag mit der Bundesregierung über die Förderung von 1,3 Milliarden Euro den Beginn der Bauarbeiten für das Projekt bis Juni 2025 vorsah. Konkret geht es um den Bau sogenannter Direktreduktionsanlagen (mit Wasserstoff) und sogenannter Elektrolichtbogenöfen (mit Strom).
Das Bundeswirtschaftsministerium bedauerte die Entscheidung von ArcelorMittal. Wichtig sei, dass noch keine staatlichen Gelder geflossen seien. Drei vergleichbare Vorhaben der Hersteller Salzgitter Flachstahl, Thyssenkrupp Steel Europe und SHS (Stahl-Holding-Saar) hätten Förderbescheide über zusammen rund 5,6 Milliarden Euro erhalten. An den Standorten der drei Unternehmen laufe die Umsetzung der Projekte bereits.
Preis und Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff als Risiko
«Wir wissen die Finanzierung durch die Bundesregierung und das Land Bremen sowie die Unterstützung des Landes Brandenburg für dieses Projekt zu schätzen», erklärte Geert Van Poelvoorde, Chef von ArcelorMittal Europe. Aber selbst mit der finanziellen Unterstützung sei die Wirtschaftlichkeit der Umstellung nicht ausreichend gegeben.
«Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell», sagte Reiner Blaschek, Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal. «Die Förderung ist an strenge Vorgaben für den raschen Einsatz von grünem Wasserstoff geknüpft. Verfügbarkeit und Preise von grünem Wasserstoff sind jedoch mit großen Unwägbarkeiten verbunden. Daraus ergeben sich erhebliche Risiken.»
Bremer Senat reagiert verärgert
Der Bremer Senat sprach von einer «Absage der Dekarbonisierung der Hütten». Der Senat sei tief enttäuscht und verärgert, nachdem Politik und Unternehmen so lange gemeinsam an einer Perspektive für das Bremer Stahlwerk gearbeitet hätten. Der Senat habe unter großen Anstrengungen gut 250 Millionen Euro für den Umbau des Stahlwerkes bereitgestellt.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte: «Dass Arcelor-Mittal sich von der Transformation der Stahlindustrie verabschiedet, ist nicht nur ein schwerer Schlag für den Bremer Wirtschaftsstandort und für die Zukunft der Hütte. Es ist vor allem ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien.» Bovenschulte forderte vom Konzern ein Bekenntnis zum Werk und der Stahlproduktion in Bremen.
Brandenburg: Jobs schützen
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, die Landesregierung unternehme alles, um mit den Beschäftigten, dem Bürgermeister, dem Unternehmen sowie allen Beteiligten die Arbeitsplätze im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu schützen. «Der Industriestandort Deutschland und Europa darf nicht gefährdet werden.» Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) sagte: «Wir bedauern, dass das Unternehmen die zugesagte Förderung aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen und Förderauflagen sowie dem großen Wettbewerbsdruck auf den internationalen Stahlmärkten nicht in Anspruch nimmt.»
Neue Konzern-Pläne
ArcelorMittal werde sich in Bremen und Eisenhüttenstadt auf die Planung zum Bau von Elektrolichtbogenöfen konzentrieren, hieß es - um vorbereitet zu sein, wenn die Produktion mit Elektrolichtbogenöfen dort wirtschaftlich sinnvoll sei, hieß es. Elektrolichtbogenöfen sind strombasiert.