Arbeitgeber wollen Merz auch als «Wachstumskanzler»
Autor: Andreas Hoenig und Basil Wegener, dpa
, Dienstag, 25. November 2025
Der Arbeitgebertag wird überschattet vom Streit ums Rentenpaket. Vor allem die Arbeitsministerin hat einen schweren Stand. Die Ungeduld in der Wirtschaft steigt.
Die Wirtschaft stagniert, Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, die Koalition streitet über Sozialreformen: In der Wirtschaft wächst die Unzufriedenheit über die Bundesregierung - und die Ungeduld. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte beim Arbeitgebertag in Berlin an die Adresse von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): «Deutschland braucht Sie jetzt, und zwar als Wachstumskanzler.»
Wirtschaft in der Krise
Nach zwei Rezessionsjahren in Folge wird für das laufende Jahr allenfalls ein Mini-Wachstum erwartet. Wegen Unsicherheiten halten sich Firmen mit Investitionen zurück - oder investieren lieber im Ausland. 2026 soll es zwar bergauf gehen - aber ein spürbarer Aufschwung ist nicht zu erwarten. «Keiner ist stolz darauf, dass Deutschland das Schlusslicht der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa ist», sagte Dulger.
Deutschland drohe international den Anschluss zu verlieren. «Deswegen brauchen wir jetzt Reformen.» Dulger forderte: Bürokratie runterfahren, Energiepreise auf breiter Front senken und vor allem den Anstieg der Sozialabgaben senken. Das Potenzial sei da: «Deutschland kann mehr.»
«Reform-Turbo»
«Alle in der Koalition brauchen mehr Ambition», sagte Dulger. «Wir sehen die Ansätze, wir sehen die Bemühungen, doch eine Wirtschaftswende, einen Reformturbo, oder gar eine ganze Reformjahreszeit, die haben wir bisher nicht ausmachen können.» Das zielte auf eine Aussage von Merz, der einen «Herbst der Reformen» angekündigt hatte.
Mit Blick auf die starken Umfrageergebnisse der AfD sagte Dulger: «Das Vertrauen in die Parteien der Mitte wird zurückkehren, wenn die Probleme angepackt und gelöst werden.» Merz habe in der Außenpolitik gezeigt, wie notwendig und erfolgreich Veränderung sein könne. Der Kanzler habe in Europa wieder Vertrauen aufgebaut, das transatlantische Bündnis gestärkt und Deutschland auf der Weltbühne wieder zu einem verlässlichen Partner gemacht. «Klar ist aber auch, Stabilität nach außen braucht wirtschaftliche Stärke nach innen.»
Merz bittet um Geduld
Immer wieder gibt es Kritik, Merz vernachlässige als «Außenkanzler» mit zahlreichen Auslandsreisen die Innenpolitik. Der Kanzler wies dies zurück. Er sprach auf dem Arbeitgebertag von geopolitisch großen Veränderungen und einer «brutalen Wirklichkeit»: Er nannte den Ukraine-Krieg, autoritäre Systeme auf der Welt, ein nach außen aggressiv auftretendes China und einen US-Präsidenten, der mit Zöllen versuche, «America first» durchzusetzen. Merz betonte die Bedeutung vor allem eines stärkeren Europas. «Das ist nicht ein Außenkanzler, der da irgendwo rumturnt und gerne Reisen macht.» Er verteidige als Kanzler das Fundament Deutschlands gegen alles von links und vor allem von rechts.
Merz bat die Wirtschaft um Geduld. «Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Schnellboot. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Dickschiff, jedenfalls ein ziemlich großer Tanker, mit ziemlich großen Motoren. Aber auch einen solchen großen Tanker fahren Sie nicht innerhalb von wenigen Tagen wie ein Schnellboot mal eben im 180-Grad-Winkel in die andere Richtung.» Das brauche seine Zeit - besonders dann, wenn sich Strukturen über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verfestigt hätten.