Nervenprobe Haushalt: Koalitionsklima sticht Klimagipfel
Autor: Theresa Münch, dpa
, Montag, 04. Dezember 2023
Wo soll gespart werden - oder müssen doch mehr Einnahmen her? Die Ampel-Koalition muss ein Milliardenloch stopfen. Verhandelt wird auf allerhöchster Ebene, ganz tief hinter den Kulissen.
Das politische Berlin wartet auf weißen Rauch aus dem Kanzleramt. Seit Tagen ringen Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner hinter verschlossenen Türen um Wege aus dem Milliardenloch im Bundeshaushalt.
Die Stimmung sei adventlich, beschreibt es der FDP-Chef. Doch wirklich besinnlich ist im Berliner Politikbetrieb gerade den wenigsten zumute. Es ist eine Nervenprobe, denn das Karlsruher Haushaltsurteil stellt das Fundament infrage, auf dem die Ampel-Koalition gebaut ist.
Bürgergelderhöhung stoppen, bei Klimaprojekten kürzen, Subventionen abschaffen oder doch die Steuern erhöhen? Egal, wie ein Kompromiss am Ende aussieht, voraussichtlich muss mindestens einer der Ampel-Partner an ein Kernthema ran. Doch die Chefverhandler stehen nicht nur inhaltlich unter Druck. Mit jedem Tag ohne Einigung wird eine ordnungsgemäße Verabschiedung des Etats für das kommende Jahr unwahrscheinlicher.
Zwei Szenarien - und ein Super-GAU
Grünen-Chef Omid Nouripour betonte, es stehe sehr viel auf dem Spiel. «Der Wunsch aller ist, dass so schnell wie möglich die grundsätzlichen Entscheidungen gefällt werden», sagte er in Berlin. Es gebe jetzt «vertiefte Gespräche».
Soll ein Beschluss noch vor Silvester klappen, muss in den nächsten Stunden eine politische Grundsatzentscheidung her. Idealerweise vor der Kabinettssitzung am Mittwoch, damit noch genug Zeit für das parlamentarische Verfahren bleibt. Möglich ist auch, dass es vor Weihnachten zwar eine grundsätzliche Verständigung gibt, der Haushalt aber erst Anfang 2024 vom Parlament verabschiedet wird. Sollte vor Weihnachten nicht einmal eine politische Grundsatzeinigung gelingen, droht eine veritable Regierungskrise.
Klimaminister verzichtet auf Klimagipfel
Scholz war am Wochenende deshalb schon mehrere Stunden früher von der Weltklimakonferenz abgereist. Jetzt trifft es auch Habeck: Reise nach Dubai abgesagt. Wenn ein Klimaminister nicht zum Klimagipfel fährt, muss die Lage schon ernst sein. Aktuell sei es besser, physisch zusammen am Tisch zu sitzen, heißt es aus dem Kanzleramt. Ob der Reiseverzicht eine Bitte des Kanzlers oder eine gemeinsame Entscheidung des Trios war, darüber gibt es unterschiedliche Erzählungen.
Noch immer, nach Tagen mit Verhandlungen, seien zu viele Fragen offen, heißt es jedenfalls. Da ist das Klima in der Koalition wichtiger als der Klimagipfel - zumal die Hauptverhandlungen für Deutschland ohnehin Außenministerin Annalena Baerbock führt.