"Alle werden sich infizieren": Virologe über das Ende der Corona-Pandemie

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Durchseuchung als Weg aus der Pandemie
Der deutsche Virologe Klaus Stöhr sieht in einer Durchseuchung der Gesellschaft eine Möglichkeit, die Krise zu beenden.
Durchseuchung als Weg aus der Pandemie
Moritz Frankenberg/dpa/Symbolbild

Der Großteil der Corona-Maßnahmen ist ausgelaufen. Wer freiwillig am Maskentragen und Abstandhalten festhält, zögere das Ende der Pandemie aber noch weiter hinaus, ist Epidemiologe Klaus Stöhr überzeugt. Er hält einen anderen Weg für deutlich sinnvoller.

Ein Großteil der Corona-Maßnahmen ist in Deutschland gefallen: Seit Sonntag (3. April 2022) hat das geänderte Infektionsschutzgesetz eine neue Phase der Pandemie-Strategie eingeläutet. Kaum noch Zugangsregeln und Masken- sowie Testpflicht nur noch in Ausnahmen: Kritiker halten die Öffnungen für verfrüht. Doch Virologe Klaus Stöhr sagt: Wer jetzt noch auf Abstand und Maske setzt, hält Corona nur weiter am Leben.

Seitdem es Pandemien auf der Erde gibt, sei ihr Ende immer identisch: "In der letzten Phase werden sich alle infizieren. Ob man das möchte oder nicht, das ist die Realität. Da müssen jetzt alle durch", stellt Epidemiologe Stöhr im Interview mit dem Newsportal "Welt" klar.

Virologe Klaus Stöhr: Nur Infektionen können Pandemie beenden

Die Corona-Impfung sei ein "tolles Geschenk", denn noch nie habe es während einer Pandemie einen Impfstoff gegeben. Damit könnten die Auswirkungen einer Ansteckung auch reduziert werden, aber: "Ohne Infektion wird die Impfung in einer Dauerschleife sein und die Pandemie kommt nie zum Ende", betont Stöhr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits eine vierte Impfung für die Gruppe der über 60-Jährigen ins Spiel gebracht.

Stöhr plädiert dagegen für eine Durchseuchung der Gesellschaft: "Letztendlich wird das Virus jeden infizieren. Das kann aber noch sehr lange dauern, wenn man weiter auf Abstandsregeln und Masken setzt." Solange das Allgemeinwohl nicht gefährdet sei und Krankenhäuser weiterhin arbeitsfähig bleiben können, wären Infektionen der richtige Weg, um das Ende der Pandemie zu beschleunigen.

"In Deutschland gibt es immer noch Menschen, die glauben, dass man die Infektion verhindern kann – aber das geht nicht", macht Stöhr im Interview mit der "Welt" deutlich. "Dass das selbst medizinisch belesene Personen immer noch nicht verstanden haben, dass man jetzt mit Masken das Drama immer nur weiter nach hinten verschiebt, das kann ich gar nicht nachvollziehen."

Impfpflicht nicht notwendig: Ungeimpfte laut Stöhr nicht das Problem

Am Donnerstag (7. April 2022) wird der Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht abstimmen. Ein solches Gesetz sei aber laut Stöhr nur notwendig, sobald ungeimpfte Infizierte das Gesundheitssystem zu stark belasten würden - dies sei aber aktuell nicht der Fall. "Deutschland hat einen hohen Anteil an noch nicht natürlich Immunisierten, das sieht man an der hohen Inzidenz", erläutert Virologe Stöhr. "Die Ungeimpften sind aber nicht diejenigen, die das Problem verursachen.“ Nur sehr wenige Länder würden an einer Impfpflicht festhalten, auch in Österreich wurde das Gesetz kurz nach seiner Einführung wieder gekippt.

Zudem unterstellt Stöhr dem Bund ein unstrukturiertes und schlechtes Krisenmanagement. "Die Regierung hat eine unterirdische Krisenkommunikation hingelegt", lautet Stöhrs Fazit. Stattdessen wäre ein "stehendes Expertengremium“ notwendig gewesen, dass der Regierung permanent beratend zur Verfügung gestanden hätte.

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist aktuell weiter gesunken: Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Montagmorgen (4. April 2022) mit 1424,6 an. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 41.129 Corona-Neuinfektionen.

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Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 23 Todesfälle verzeichnet. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 21.668.667 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

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