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Söder übt heftige Kritik am Schulsystem und Abitur - was dahinter steckt


Autor: Robert Wagner

Passau, Dienstag, 20. Februar 2024

Beim politischen Aschermittwoch in Passau teilte Markus Söder ordentlich aus - beispielsweise gegen das Bremer Schulsystem. Nun musste er dafür in den sozialen Medien auch ordentlich einstecken. Zurecht?


Tage nach seinem Auftritt beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder einen weiteren Ausschnitt seiner Rede auf X und Instagram geteilt. "Das bayerische Abi bleibt das bayerische", sagt er dabei. Er wolle kein bayerisches Abi auf "Bremer Niveau", denn "das Bremer Abi hat bestenfalls das Niveau einer niederbayerischen Baumschule".

Die Reaktionen auf Söders verbale Watschn sind relativ kritisch. Doch steckt hinter Söders markigen Worten auch ein wahrer Kern?

Deutliche Kritik an Söder: "Schäme mich"

Im Saal in Passau hörte man vergangenen Mittwoch (14. Februar 2024) viel Gelächter - im Netz hingegen weniger. Tatsächlich fallen die Reaktionen auf Söders Angriff eher negativ aus. Von "Populismus" ist die Rede und "Niveaulosigkeit", um die harmlosesten Begriffe zu nennen. Manch User "schämt" sich langsam, in Bayern zu leben. Andere verweisen darauf, dass es durchaus auch an bayerischen Schulen Missstände gibt: "An manchen bayerischen Schulen würde ich mir zumindest Klos auf Baumschulniveau wünschen ...", schreibt ein User auf Instagram beispielsweise.

Ein anderer User fragt Söder bei X direkt: "Wie lange postest du denn deine unsäglichen Redeschnipsel vom Aschermittwoch jetzt noch? Bis Ostern?" Schließlich lag die Veranstaltung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Söders Redeschnipsel schon fast eine Woche zurück.

Der politische Aschermittwoch ist traditionell eine Veranstaltung, bei der derbe Kritik in pointierter Sprache feilgeboten wird. Am "größten Stammtisch der Welt", wie die CSU selbst ihren politischen Aschermittwoch in Passau bezeichnet, kann Politik populistisch sein, ohne dass dies zu kritisch beäugt wird. Die Frage aber bleibt: Ist das bayerische Abitur denn so viel besser als das Bremer Abitur?

Bildungsunterschiede: Bayern top und Bremen Schlusslicht?

Hinter Söders Äußerungen zur Bildungspolitik steckt eine jahrzehntelange Diskussion: Wie gerecht oder ungerecht ist das deutsche Bildungssystem? Ist das Abitur in einem föderalen System, in dem jedes Bundesland eigene Vorgaben machen und Lehrpläne erstellen kann, wirklich gerecht? Und welches Bundesland steht im Vergleich besser oder schlechter da?

Im jährlich erscheinenden "Bildungsmonitor" der "Initiative neue soziale Marktwirtschaft" (INSM) ist Bremen tatsächlich Schlusslicht im Ranking der 16 Bundesländer. Bayern findet sich hinter Sachsen auf Platz 2 der Liste.

Ausgewertet wurden von der arbeitgebernahen Lobbyorganisation das gesamte Schulsystem - also nicht nur das Abitur. In einigen Aspekten, beispielsweise bei der Betreuungssituation für Schüler, liegt Bremen aber vor Bayern.

Abitur: Angleichung in den Bundesländern geplant

Beim Abitur hingegen hält sich seit vielen Jahren hartnäckig die Meinung, das bayerische Abitur sei im Vergleich zu den anderen Bundesländern besonders schwer. Eine Einschätzung, auf die manch einer in Bayern stolz ist - obwohl es andererseits für viele Abiturienten in Bayern bei der Studienwahl zum Problem werden kann. Tatsächlich haben sich die Durchschnitts-Abiturnoten in Bayern und den anderen Bundesländern in den vergangenen Jahren aber immer mehr angenähert. Im Jahr 2023 lag das Notenmittel in Bayern bei 2,28 und in Bremen bei 2,33

Vergleichbar sind die Abituraufgaben zwischen den Bundesländern kaum. Eine Auswertung, welches Abitur schwerer ist, ist seriös deshalb kaum möglich. Allerdings sind die Randbedingungen unterschiedlich: So müssen bayerische Schüler und Schülerinnen im Abitur in Mathematik geprüft werden - in manch anderem Bundesland kann Mathe auch ersetzt werden, beispielsweise durch Deutsch.

Genau hier soll es in Zukunft aber Änderungen geben: Vor knapp einem Jahr, im März 2023, einigten sich die Kultusminister der Länder auf einen neuen Aktionsplan. Dieser sieht vor, dass die Anforderungen des Abiturs bis zum Ende des Jahrzehnts angeglichen werden sollen. Laut den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz soll in Zukunft die Zahl der Leistungskurse, die Zahl der Kurse und auch die Zahl der Klausuren einheitlicher werden. Unterschiede soll es aber auch weiterhin geben - ein deutschlandweites "Zentralabitur" ist nicht angedacht.

Bildungspolitik: Deutschland seit Jahren mit Problemen

Weitet man den Blick von Deutschland aus auf den internationalen Vergleich, fällt Deutschland inklusive Bayern seit Jahren immer weiter zurück. Mehr als 20 Jahre nach dem ersten "Pisa-Schock", als Deutschland schmerzlich vor Augen geführt wurde, was das Land bildungspolitisch nachzuholen hatte, zeigt sich: Die Bundesrepublik ist weiterhin nur internationales Mittelmaß.

In der Pisa-Studie von 2022 schnitten die deutschen Schüler so schlecht ab, wie noch nie. Vor allem Mathematik- und Lesefähigkeiten nahmen rapide ab.  Lehrermangel, marode Gebäude, fehlende Digitalisierung: Die Mängelliste der deutschen Bildungspolitik ist weiterhin sehr lang. Und dies gilt leider nicht nur für ein Bundesland.