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Unfallstatistik: Zahl der Verkehrstoten in Bayern bleibt hoch


Autor: Redaktion

Fürth, Montag, 22. Mai 2017

Bundesweit sinkt die Zahl der Verkehrstoten. In Bayern aber stagnieren die Zahlen auch im Jahr 2017 auf hohem Niveau. Eine Betroffene schildert die Folgen.
Ein Autowrack nach einem schweren Unfall am 1. Januar 2017 auf der A7 nahe Bad Grönenbach im Unterallgäu. Im Nebel waren am Neujahrsmorgen mehrere Fahrzeuge ineinander gefahren, dabei starben sechs Menschen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ dpa


Von Henry Stern/ dpa

Die Zahl der tödlichen Unfälle auf Bayerns Straßen verharrt auf hohem Niveau. Von Januar bis März kamen im Freistaat 113 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, wie das Landesamt für Statistik am Montag (22. Mai) in Fürth mitteilte. Dies war nur ein Verkehrstoter weniger als im Vorjahreszeitraum.

Es war ein Sommertag, an dem das Leben von Katharina Körner aus den Angeln gehoben wurde. Ein Freund der Familie hatte ihren Mann, ihren Bruder und ihren dreijährigen Sohn mit seinem neuen Auto für eine Spritztour abgeholt.

Körner blieb mit ihren damals zweijährigen Zwillingsmädchen zuhause. Am späten Nachmittag klingelte die Polizei. "Die Beamten konnten mir kaum sagen, was passiert war", erzählt die heute 47 Jahre alte Frau. Das Auto war mit stark überhöhter Geschwindigkeit aus einer Kurve getragen worden, gegen Bäume geprallt und in Flammen aufgegangen. Mann, Bruder und Sohn starben, der Unfallfahrer überlebte.


"Jahre begleitet von Hilflosigkeit und Schmerz": Schwere Folgen für Angehörige, Retter und Helfer


Zwölf Jahre ist das nun her. "Viele Menschen sind sich gar nicht bewusst, welche Folgen solch ein Unfall für die Angehörigen hat", sagt Körner heute. Sie selbst erlebte "Jahre begleitet von Ohnmacht, Hilflosigkeit, unsagbarem Schmerz".

Aber auch Retter und Helfer oder Augenzeugen leiden unter den schrecklichen Bildern - in ihrem Fall eine Familie mit Kindern, die von einem benachbarten Rastplatz der schrecklichen Unfall hautnah miterlebte. Körner lud die Familie und die Rettungskräfte zwei Jahre nach dem Unfall ein, um die Erlebnisse gemeinsam zu verarbeiten.

"Bei jedem Unfalltod zerbricht mehr als ein Leben", sagt Dorothee Bär (CSU), Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium. Über 100 Menschen sind laut einer von Bär vorgestellten Erhebung im Schnitt von einem Verkehrstod unmittelbar betroffen: 11 Angehörige, 60 Freunde und Bekannte, 42 Einsatzkräfte.


"Runter vom Gas" - Eine Kampagne für Betroffene



Mit einer neuen Plakatkampagne an den deutschen Autobahnen, die in großem Format weinende Angehörige zeigt, will das Ministerium Autofahrer deshalb nun aufrütteln und an die dramatischen Folgen eines möglichen Unfalls erinnern: "Wir wollen sagen, es betrifft nicht nur dich, wenn du zu schnell fährst, zu dicht auffährst oder beim Fahren eine SMS schreibst", erklärt Bär.

Zudem kommen auf der Internet-Seite "Runter vom Gas" auch Betroffene wie Katharina Körner mit ihrem ganz persönlichen Schicksal zu Wort: "Ich bin sehr dankbar, das Betroffene ihre persönlichen Geschichten teilen, damit so etwa anderen Familien nicht passiert", sagte die Unterfränkin Bär bei der Vorstellung der Kampagne in München.

Zwar ist die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in den letzten Jahren gesunken - von 4 009 im Jahr 2011 auf 3 214 im Jahr 2016. "Aber jeder Mensch, der auf unserem Straßen stirbt, ist einer zuviel", so Bär.


Ablenkung durch Smartphones, hohe Geschwindigkeit und Drängeln



Vor allem zu hohe Geschwindigkeit, Drängeln sowie Ablenkung durch Smartphones sind laut Ute Hammer vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) Hauptgründe für einen schweren Unfall: "Jeder kann deshalb dazu beitragen, diese furchtbaren Zahlen zu senken."

Einen Unfall, wie ihn der Polizist Thomas Hennemann im Jahr 2010 erleben musste: Ein Kleintransporter war in einen Sattelschlepper gerast. So brutal war der Einschlag, dass die Szenerie in dem völlig zerstörten Auto "wie eingefroren" gewesen sei, erinnert sich Hennemann. Als die Retter den tödlich verunglückten Fahrer schließlich erreichten, klemmte zwischen dessen Beinen noch ein Handy. Darauf blinkte eine angefangene SMS-Nachricht: "Hallo".


Kein Rückgang in Bayern, aber bundesweit


Ein Rückgang der tödlichen Unfälle zeichnet sich in Bayern zum Jahresbeginn weiterhin nicht ab. 2016 waren die Zahlen in Bayern sogar gestiegen, während sie deutschlandweit zurückgingen. Mit 48 Toten je einer Million Einwohner lag der Freistaat denn auch weit über dem Bundesschnitt.

Der bisher schwerste Unfall 2017 geschah bereits in der ersten Nacht des Jahres: Auf der Autobahn 7 im Unterallgäu starben bei einer Massenkarambolage sechs Menschen. Bei dichtem Nebel waren am 1. Januar nahe Bad Grönenbach drei Lastwagen und neun Autos zusammengestoßen. Vor allem deshalb weist das Unterallgäu nach dem ersten Quartal die höchste Zahl an Verkehrstoten auf.


Gesamtzahl der Unfälle steigt, viele Unfälle vor allem in Oberbayern



Die Gesamtzahl der Unfälle im Freistaat stieg erneut an. Das Landesamt für Statistik zählte insgesamt 90 547, das entspricht einem Anstieg um 2,0 Prozent. Die Zahl der Verletzten ging dagegen spürbar zurück - von 13 565 auf 12 634.

Schwerpunkt der Unfälle bleibt Oberbayern. Mehr als ein Drittel der 9378 Crashs mit Personenschäden geschahen hier. In der Oberpfalz waren es im gleichen Zeitraum 721 - der niedrigste Wert aller bayerischen Regierungsbezirke.