Traunstein: Mutmaßlich von Priester missbraucht - Gericht ordnet psychiatrisches Gutachten von Ex-Ministrant an
Autor: Redaktion
Traunstein, Freitag, 14. Juli 2023
Im Prozess gegen das Erzbistum München und Freising um Schmerzensgeld und Schadenersatz für einen Missbrauchsbetroffenen hat das Landgericht Traunstein ein psychiatrisches Gutachten angeordnet. Ein früherer Ministrant klagt dort gegen die Erzdiözese, weil er vor 30 Jahren von einem Priester sexuell missbraucht worden sein soll.
Steht einem Mann, der als Kind von einem Priester missbraucht wurde, Schmerzensgeld zu? Und wenn ja, wieviel? Darum läuft ein Rechtsstreit vor dem Landgericht im oberbayerischen Traunstein. Das hat nun entschieden, wie es weitergeht. Das Gericht ordnete am Freitag (14. Juli 2023) an, dass damit die Frage erörtert werden soll, "ob die vom Kläger erlittene Missbrauchstat ursächlich für eine psychische Störung des Klägers und dessen Alkohol- und Drogenabhängigkeit war".
Der Mann, ein früherer Ministrant, gibt an, Mitte der 1990er Jahre von einem Priester in Garching an der Alz sexuell missbraucht worden zu sein. Er fordert in dem Zivilprozess vor dem Landgericht Traunstein mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum. Es soll in einem Fall zum sexuellen Missbrauch gekommen sein.
Traunsteiner Missbrauchsprozess: Gericht ordnet psychiatrisches Gutachten an
Zum Prozessbeginn am 20. Juni hatte der Anwalt des Erzbistums zwar generell akzeptiert, dass der Kläger einen Anspruch auf Entschädigung hat, auf eine konkrete Summe legte er sich aber nicht fest. Zuvor hatten Medien recherchiert, dass sich die Forderungen des mutmaßlichen Missbrauchsopfers auf 350.000 Euro belaufen. In einer Mitteilung der Erzdiözese hatte sich zu "zu einer angemessenen Lösung für die Klage eines Missbrauchsbetroffenen auf der Grundlage der unabhängigen Einschätzung des Gerichts" bereit erklärt. Der Anwalt beantragte darum, die Klage auf Schmerzensgeld in der geforderten Höhe abzuweisen, und bat das Gericht um eine Einschätzung.
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Die Verhandlung soll nun am 12. September fortgesetzt werden. "In diesem Termin soll der Kläger persönlich angehört werden", teilte das Gericht mit. Ob noch weitere Zeugen geladen werden sollten, werde noch entschieden.
Die Initiative Sauerteig aus Garching an der Alz, die den Kläger unterstützt, hatte danach in einem offenen Brief an Kardinal Reinhard Marx appelliert, die geforderten 300.000 Euro zu bezahlen. Der Brief an den Erzbischof von München und Freising sei verbunden "mit der eindringlichen Bitte, endlich zu einer christlichen Haltung der Nächstenliebe gegenüber Missbrauchsbetroffenen zu finden", teilte die Sprecherin der Initiative, Rosi Mittermeier, mit.
Priester als Wiederholungstäter
Bei dem Fall geht es um den wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten 5660817, der nach Vorwürfen gegen ihn in den 1980er Jahren aus Nordrhein-Westfalen nach Bayern versetzt wurde. In seiner neuen Diözese wurde der Priester dann wegen sexuellen Missbrauchs in Grafing bei München rechtskräftig verurteilt und erneut versetzt - nach Garching an der Alz, wo niemand von seinen Taten wusste und wo der Priester erneut rückfällig wurde.
Der Traunsteiner Kläger gibt an, in Garching von dem Mann missbraucht worden zu sein, und sieht auch Vertreter des Bistums in der Verantwortung, denen er vorwirft, Fälle vertuscht und so weitere Taten erst ermöglicht zu haben.