Strom aus Österreich für Bayern
Autor: Günter Flegel
München, Dienstag, 02. Dezember 2014
Ein verlockendes Angebot aus Österreich könnte die Versorgungsprobleme im Freistaat lösen. Die "Verbund"-Wasserkraftwerke haben elektrische Energie im Überfluss - und sogar die Leitungen, um sie zu transportieren.
Nein zu Windrädern, Jein zu neuen Stromleitungen: Bayern hat sich mit seinem Sonderweg in der Energiewende in eine Sackgasse manövriert, aus der nur ein Wunder einen Ausweg weisen kann. Dieses Wunder scheint nun zu geschehen: Statt Atom-, Wind-, oder Kohlestrom fließt womöglich schon bald überwiegend saubere Energie aus Wasserkraft durch das Stromnetz im Freistaat.
Das "Wunder" heißt "Verbund", ist der größte Energiekonzern in Österreich und hat offenbar genau das im Überfluss, was Bayern fehlt: Strom. Und zwar den saubersten Strom, den man sich vorstellen kann, "gewaschenen" sozusagen: 90 Prozent der elektrischen Energie, die "Verbund" produziert, kommt aus Wasserkraftwerken.
Und die ist zu einem guten Teil "hausgemacht: 22 der 88 Fluss-Kraftwerke" der Österreicher befinden sich in Bayern, an Inn und Donau.
Die Wasserkraft (unter anderem aus den Kraftwerken an allen Main-Staustufen) liefert in Bayern 15 Prozent des Stromes, und zwar vor allem die begehrte Grundlast. Genau die wird gebraucht, wenn in den kommenden Jahren die letzten bayerischen Kernkraftwerke vom Netz gehen, Grafenrheinfeld bereits in wenigen Monaten. Wie die dann klaffende Stromlücke geschlossen werden soll, ist im Zuge der deutschen Energiewende zu einer Glaubensfrage geworden.
Das unberechenbare Angebot an Wind- und Solarenergie alleine kann es nicht; neue Gaskraftwerke, wie sie Bayern fordert, sind als reine Lückenbüßer unwirtschaftlich, Investoren sind nicht in Sicht, und die neuen Stromleitungen aus dem Norden der Republik sind ein Zankapfel.
Bislang spielt Bayern auf Zeit.
Energieministerin Ilse Aigner (CSU) will mit einem "Dialogprozess" bis März die vor allem wegen des drohenden Leitungsbaus (quer durch Unter- sowie Ober- und Mittelfranken ) aufgeheizte Atmosphäre abkühlen. Da kommt das Angebot des österreichische Energieversorgers "Verbund" genau zur rechten Zeit. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der Vorstandschef des österreichischen Unternehmens, Wolfgang Anzengruber, der Staatsregierung ein Angebot unterbreitet, bei dem sie kaum Nein sagen kann: "Verbund kann Bayern 5200 Megawatt Kraftwerksleistung zur Verfügung stellen", sagte Anzengruber beim bayerisch-österreichischen Energiekongress am Montag in München. Das entspräche ziemlich genau der Leistung der Atomkraftwerke im Freistaat, die bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden. Vom Himmel fällt das österreichische Stromwunder freilich nicht. Die Staatsregierung hat schon 2011 das Ausbaupotenzial der Wasserkraft in Bayern ermitteln lassen. Die Studie, die dieser Zeitung vorliegt, wurde von "Verbund" erstellt. So ein Zufall.