Update vom 06.06.2024: "Ich verzeihe ihm" - Opfer nimmt Entschuldigung des Angeklagten bei Prozessauftakt an
Einem 29 Jahre alten Mann wird vor dem Landgericht Regensburg der Prozess gemacht, weil er einen Syrer "aus ausländerfeindlicher Gesinnung" heraus von der Steinernen Brücke geschubst haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten versuchten Mord vor, und zwar heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen. Zu Prozessbeginn am Donnerstag (5. Juni 2024) bat der 29-Jährige sein mittlerweile 21 Jahre altes Opfer um Entschuldigung.
Weil der Angreifer aufgrund einer psychischen Erkrankung als schuldunfähig gilt, beantragte der Verteidiger den Ausschluss der Öffentlichkeit. Dem folgte das Gericht insoweit, als die Öffentlichkeit nun bei den Verfahrensteilen ausgeschlossen wird, bei denen mögliche gesundheitliche Probleme des Beschuldigten zur Sprache kommen können, etwa während der Anhörung des psychiatrischen Gutachters oder während der Plädoyers.
Den Ermittlungen nach attackierte der Beschuldigte den Syrer im Oktober 2023, als dieser rittlings auf der Brüstung der Brücke saß und telefonierte. Das Opfer stürzte fast sieben Meter tief, schlug auf einem steinernen Vorsprung auf und wurde schwer verletzt.
Mann von Steinernen Brücke in Regensburg geschubst - Angeklagter soll Zivilbeamten den Hitlergruß gezeigt haben
Nach der Tat soll der Angreifer unbeeindruckt über die Brücke flaniert sein und einem Polizisten in Zivil gegenüber den Hitlergruß gezeigt haben. In den Handydaten des Beschuldigten hätten sich Hinweise auf nationalsozialistisches Gedankengut gefunden.
Der 21-Jährige berichtete als Zeuge, wie er unvermittelt geschubst worden und gefallen sei, wie ihm eine Frau seine Jacke zugeworfen habe, die er sich benommen unter den Kopf geschoben habe, und wie er später in einem Krankenhaus aufgewacht sei.
Er fühle sich seit der Tat in Regensburg nicht mehr wohl und würde gerne zu Verwandten ziehen, was ihm aber von der Behörde nicht erlaubt werde, sagte der junge Mann. Seine Hoffnung sei, dass der Angreifer eingesperrt werde, damit dieser niemandem mehr etwas antun könne. Die Entschuldigung des 29-Jährigen nahm er an. "Ich verzeihe ihm." Aber das nehme ihm nicht den Schmerz, den er durch die Tat bis heute erlitten habe.
Update für 19.04.2024: Stoß von Steinernen Brücke in Regensburg - Anklage sieht "ausländerfeindliche Gesinnung"
Die Staatsanwaltschaft hat für einen 28-Jährigen, der einen Syrer von der berühmten Steinernen Brücke in Regensburg gestoßen haben soll, die dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen versuchten Mordes beantragt. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass "der Beschuldigte aus einer ausländerfeindlichen Gesinnung heraus" gehandelt habe, teilte die Behörde am Donnerstag (18. April 2024) mit. Sie legt dem schuldunfähigen Beschuldigten auch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zur Last. Die Staatsanwaltschaft habe beim Landgericht Regensburg einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Gericht muss nun über die Zulassung zur Hauptverhandlung und Verhandlungstermine entscheiden.
Der 20 Jahre alte Syrer war bei dem Sturz am 13. Oktober vergangenen Jahres über fast sieben Meter schwer verletzt worden und kämpft noch heute mit den psychischen Folgen des Angriffs. Er hatte bei dem Sturz ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, schwebte aber nicht in Lebensgefahr.
Der junge Syrer hatte auf der Brüstung der Steinernen Brücke gesessen und telefoniert, als der Beschuldigte ihn - so die bisherigen Ermittlungen - völlig überraschend von der Brücke gestoßen haben soll. Nach der Tat soll der Beschuldigte unbeeindruckt weiter über die Brücke flaniert sein und gegenüber einem zufällig anwesenden Polizeibeamten in Zivil den Hitlergruß gezeigt haben, wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte.
Handy-Daten sollen Hinweise auf nationalsozialistisches Gedankengut geliefert haben
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft Regensburg konzentrierten sich in den vergangenen Monaten vor allem darauf, "ob der Tat möglicherweise ein fremdenfeindliches Motiv zugrunde liegt", wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte. Hierzu wurden unter anderem Handy-Daten des Beschuldigten untersucht. Dies habe verschiedene Hinweise auf nationalsozialistisches Gedankengut geliefert. Unter anderem aufgrund von Zeugenaussagen und Tatablauf hätten sich weitere Hinweise auf ein "möglicherweise ausländerfeindliches Tatmotiv" ergeben.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen vor, versucht zu haben, den Syrer heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen zu ermorden. Der Beschuldigte habe sich im Ermittlungsverfahren sowohl gegenüber einem Polizeibeamten als auch gegenüber einem psychiatrischen Sachverständigen geäußert. Gegenüber beiden gab er an, die Tat begangen zu haben, weil er gedacht habe, dass es sich bei dem 20-Jährigen, den er nicht gekannt habe, um einen Drogendealer handele. Hinweise für ein strafbares Verhalten des Syrers erbrachten die Ermittlungen aber nicht.
Ein forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Beschuldigte bei der Tat eine manische Episode mit psychotischen Symptomen durchlebte und daher schuldunfähig war. Allerdings gehe von dem Beschuldigten aufgrund seines Zustandes auch künftig die Gefahr erheblicher Straftaten aus. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt. In solchen Fällen gibt es keine Anklageschrift, sondern eine Antragsschrift und am Ende eines solchen Prozesses steht keine Verurteilung.
Update vom 17.10.2023: Polizei prüft möglichen rechtsextremen Hintergrund
Im Fall des 28-Jährigen, der einen Syrer von der berühmten Steinernen Brücke in Regensburg gestoßen haben soll, prüfen die Ermittler einen möglichen rechtsextremen Hintergrund. Der Mann habe bei seiner Festnahme am Freitag einen Hitlergruß gezeigt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. Der Festgenommene habe die Tat eingeräumt. Das Motiv sei noch unklar.
Der Beschuldigte habe erhebliche psychische Probleme und es bestehe nach erster Einschätzung zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit. Ein Gutachten solle nun zeigen, inwiefern der Mann schuldfähig ist und ob es zu einer Anklage kommen kann. Zuvor hatte der Spiegel über einen möglichen rechtsextremen Hintergrund der Tat berichtet.
Auf Beschluss eines Richters kam der 28-Jährige nach seiner Festnahme in eine psychiatrische Klinik. Laut den bisherigen Ermittlungen soll der Deutsche am Freitag einen 20-jährigen Syrer von der Steinernen Brücke gestoßen haben. Das Opfer fiel auf den gepflasterten Bereich an einem Brückenpfeiler und wurde schwer verletzt. Rettungskräfte brachten den jungen Mann in ein Krankenhaus.
Gegen den 28-Jährigen sei bereits nach einem Vorfall im März 2022, bei dem er in Landshut den Hitlergruß gezeigt haben soll, ermittelt worden. Damals seien die Ermittlungen aufgrund von Schuldunfähigkeit wegen der psychischen Verfassung des Mannes eingestellt worden.
Erstmeldung vom 13.10.2023: Versuchtes Tötungsdelikt in Regensburg - Mann von Steinerner Brücke gestoßen
Am Freitag (13. Oktober 2023) Uhr kam es gegen 12.15Uhr zu einem Polizeieinsatz auf der historischen Steinernen Brücke in Regensburg. Ein 20-jähriger Mann wurde von der Brücke gestoßen.
Passanten, die die Tat beobachteten, konnten einen 28-Jährigen festhalten. Dieser konnte durch das schnelle Agieren der anwesenden Personen von der Polizei festgenommen werden. Der 20-Jährige erlitt schwere Verletzungen und wurde zur ärztlichen Behandlung in ein Krankenhaus gebracht.
Die Kriminalpolizei Regensburg sicherte die Spuren am Tatort und hat umgehend die Ermittlungen aufgenommen. Derzeit wird wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt. Zeugenhinweise werden von der Kriminalpolizei Regensburg unter der Telefonnummer 0941/506-2888 oder bei jeder anderen Polizeiinspektion entgegengenommen.