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Oktoberfest 2022: Virologe warnt eindringlich - "Das ist synchronisiertes Superspreading"


Autor: Julia Scholl

München, Samstag, 20. August 2022

Nach zwei Jahren Pause findet ab dem 17. September wieder das Oktoberfest in München statt. Doch die Pandemie ist noch nicht vorbei und einige blicken besorgt auf das größte Volksfest der Welt. Die Infektions-Prognose eines Virologen ist eindeutig.
Ein Virologe hält das Oktoberfest für ein Superspreader-Event. Das Risiko für eine Infektion sei extrem hoch.


Nach zwei Jahren Pause rückt die Eröffnung der Wiesn 2022 am 17. September immer näher. Der Veranstalter rechnet mit vergleichbaren Besucherzahlen zum Jahr 2019 (rund 6,3 Millionen). Viele blicken deshalb, angesichts der wieder steigenden Corona-Infektionen, mit Sorge auf das Volksfest.

So auch Virologe Oliver T. Keppler von der Ludwig-Maximilians-Universität. Er bezeichnet im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk das Oktoberfest sogar als "synchronisiertes Superspreading".

Oktoberfest während der Pandemie? Ein Virologe wird deutlich

Im Interview betont der Virologe die lange Tradition der Wiesn und deren besondere Atmosphäre. Er sagt aber auch, dass es seit Jahren das Phänomen der "Wiesn-Grippe" gibt. Der enge Kontakt im Bierzelt würde die Verbreitung von Atemwegsinfektionen fördern, so Keppler. Er geht davon aus, dass man als Besucher im Bierzelt mit einem hohen Ansteckungs-Risiko rechnen muss - insbesondere in Bezug auf Corona.

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Wir hätten weiterhin eine "hochaktive Pandemie", meint er. Das Virus sei mutationsfreudig und hätte in den vergangenen zwei Jahren auch eine immer höhere Ansteckungsfähigkeit entwickelt. Er wird deutlich: "Auf einer Skala von 1 bis 10 liegt die Wahrscheinlichkeit einer SARS-CoV-2-Exposition nach mehreren Stunden im Zelt nach meiner Einschätzung bei 9 bis 10. Viel mehr geht also nicht."

Aktuell ist besonders die Omikron-Variante verbreitet, die im Moment aber weniger Krankenhausaufenthalte nach sich zieht. Doch das Personal im Krankenhaus sei erschöpft. Die Argumentation, dass "die Intensivstationen nicht überlastet seien und daher kein Problem durch COVID-19 vorliege, ist im besten Fall naiv", sagt Keppler.

Corona: Soll es Maßnahmen auf der Wiesn geben?

Der Experte betont auch die Wirkung nach außen: "Das nun mal größte Volksfest der Welt kann Millionen Neuinfektionen innerhalb von zwei Wochen im Großraum München ermöglichen. Das ist synchronisiertes Superspreading mit weltweiter Sichtbarkeit."

Aus seiner Sicht ergebe es keinen Sinn, eine Maskenpflicht oder Abstandsregeln zu fordern, da diese nicht ernsthaft durchsetzbar wären. Eine Diskussion über mögliche Maßnahmen hätte er sich früher gewünscht, meint er im Interview.

"Ein empfindliches Testprinzip, das einen Großteil der akuten SARS-CoV-2-Infektionen erkennt und auch für so viele Menschen in kurzer Zeit umsetzbar ist, wäre denkbar gewesen. Dies hätte das Infektionsrisiko stark senken können."

Oktoberfest-Besuch: ja oder nein?

"Sowohl eine Absage der Wiesn 2022 als auch eine Durchführung wie 2019 sehe ich als problematisch an – aber es stehen nun leider nur diese zwei Optionen zur Wahl", meint der Virologe.

Natürlich könne jeder selbst entscheiden, ob er aufs Oktoberfest geht, sagt Oliver Keppler. Eigenverantwortung sei wichtig. Allerdings betont er auch, dass es für viele schwierig sei, ihr Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung einzuschätzen. Er hoffe, dass zum Jahresende neue Konzepte für ausgelassene und sichere Wiesn in den kommenden Jahren diskutiert werden können.

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