Müssen Autofahrer nach dem Reifenwechsel die Radmuttern nachziehen? - Gerichtsurteil in München
Autor: Melina Mark
München, Dienstag, 21. März 2023
Weil einem Autofahrer nach dem Reifenwechsel durch Werkstattpersonal der Reifen abgefallen ist, klagte er. Er hat 25.000 Euro von der Werkstatt gefordert, weil auf ihn wegen eines Unfalls hohe Kosten zugekommen waren. Hätte er die Radmuttern nach dem Reifenwechsel selbst noch einmal nachziehen müssen? Das Oberlandesgericht München hat ein Urteil gefällt.
Von O bis O: So lautet die verbreitete Faustregel in puncto Winterreifen. Aufgrund der Wetterbedingungen in Deutschland sollten Autofahrer daher ihre Winterreifen von Oktober bis Ostern im darauffolgenden Jahr aufgezogen lassen. Einige Leute trauen sich selbst den Reifenwechsel nicht zu, andere gehen der Einfachheit halber zum Reifenwechsel in die Werkstatt. Aber sind wir nach dem Reifenwechsel für deren Wartung zuständig und im Falle einer Fehlfunktion selbst schuld?
Der Fahrer eines hochmotorisierten und getunten Autos - ein Mercedes C 63 AMG mit 830 PS - hat eine Klage eingereicht. Sein Hinterrad war während der Fahrt, nach dem Wechsel auf Winterreifen in einer Werkstatt, abgefallen. Das geschah nach etwa 100 gefahrenen Kilometern seit dem Werkstattbesuch im Jahr 2017. Infolge des Radverlustes kam es zu einem Unfall, bei dem ein Schaden von 13.000 Euro entstanden war.
Versicherung übernimmt den Schaden: Doch die Kosten sind deutlich höher als das
Obwohl die Vollkasko-Versicherung des Fahrzeughalters die Unfallkosten übernommen hatte, entstanden dem Autobesitzer weitere Gebühren: für Anwalt, Transport, Selbstbeteiligung, Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten und neue Reifen und Felgen mussten auch noch her. Zudem hatte der Unfall den Wert des Autos gemindert. Wegen dieser Faktoren forderte der Mann etwa 25.000 Euro von der Werkstatt. Er gab dem Unternehmen die Schuld, da sie dafür hätten sorgen müssen, dass nach dem Reifenwechsel kein Unfall passieren kann.
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Die Klage ging vor das Oberlandesgericht München und das Landgericht München II. Die Frage, ob im Schadensfall wegen eines verlorenen Rades nach einem Reifenwechsel die Werkstatt oder der Autobesitzer haftet, konnte geklärt werden.
Das Landgericht München II sah eine 30-prozentige Mitschuld beim Autobesitzer, da der Mann nach 50 Kilometern Fahrt die Radmuttern hätte nachziehen müssen. Die Werkstatt habe lediglich eine Mitschuld an dem Unfall. Der Kunde sei von ihnen mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Muttern nachgezogen werden müssen: Mündlich bei der Übergabe des Autos und schriftlich auf der Rechnung.
Mehrfach erinnert worden: Liegt die Schuld beim Autofahrer?
Ein Zeuge habe zudem angegeben, dass er den Autobesitzer gefragt hat, ob er ihm eine Plakette zur Erinnerung an das Nachziehen am Armaturenbrett befestigen soll. Der Kunde habe abgelehnt. Des Weiteren habe ein Plakat ausgehangen, dass die Wichtigkeit des Nachziehens der Radmuttern nach dem Reifenwechsel betont.
Anhand dieser Faktoren sprach das Gericht dem Autofahrer 5.264 Euro zu und ging nicht auf seine Forderung nach 25.000 Euro ein. Der Mann ging daraufhin in Berufung.