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Die wundersame Wandlung des Markus Söder - jetzt ist "Team Augenmaß" am Ruder


Autor: Io Görz

Bayern, Mittwoch, 12. Januar 2022

Bayern muss immer etwas Besonderes sein, egal, in welcher Richtung. Nun hat die bayerische Staatsregierung erneut einen Sonderweg in der Corona-Politik beschlossen. "Team Extrawurst" hat mal wieder zugeschlagen.
Bayern muss immer etwas Besonderes sein, egal, in welcher Richtung. Nun hat die bayerische Staatsregierung erneut einen Sonderweg in der Corona-Politik beschlossen.


Markus Söder hatte es ja bereits angekündigt, nun ist nach der Kabinettssitzung am Dienstag klar: Bayern ist von „Team Vorsicht“ ins „Team Augenmaß“ gewechselt. In welchem Team Bayern jedoch weiterhin bleibt, um bei der Sport-Metapher zu bleiben, ist das Team „Extrawurst“. 

Was auch immer bei einem Bund-Länder-Gipfel besprochen und beschlossen, bzw. empfohlen, wird: Wir können sicher sein, dass Bayern alsbald ausschert und einen Sonderweg geht. Das ist wohl einfach nicht anders möglich. So auch im Fall der Ministerpräsidentenkonferenz vom 7. Januar, der eine bayerische Kabinettssitzung am 11. Januar folgte. Statt wie im Rest Deutschlands (außer Sachsen-Anhalt) 2G-Plus in der Gastronomie einzuführen, schreckt man im Freistaat vor dieser Regelung zurück. 

Hätte 2G-Plus überhaupt Bestand vor Gericht?

Hier habe man bereits starke Einschränkungen getroffen wie die Schließung von Bars und Diskotheken oder die Sperrstunde. Laut Kontrollen gebe es auch wenige Verstöße gegen die 2G-Regel in der Gastronomie. Was das jetzt mit der Frage nach 2G-Plus zu tun hat, bleibt zwar offen, aber die Staatsregierung sieht wohl keine Notwendigkeit, zu handeln. 

Was tatsächlich dahinter steckt, dürfte neben dem bayerischen Drang nach Alleingängen wohl auch die Befürchtung sein, dass eine härtere Gangart in Form einer 2G-Plus-Regelung bald vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof kassiert wird. Dies ist in der Vergangenheit bereits geschehen, etwa bei der Ausgangssperre.

Würde eine 2G-Plus-Regelung von einem Gericht gekippt werden, passt das natürlich nicht ins Bild des Landesvaters, der mit fester Hand das Steuer in der Hand hält. Also lieber leisetreten. 

In Bayern denkt man schon an die Landtagswahl 2023

Was man nicht vernachlässigen sollte: Der vorausschauende Regierungschef blickt natürlich auch auf den Kalender und sieht die Landtagswahl 2023 nahen. Für viele noch weit weg, aber in den strategischen Gedanken der CSU sicher schon sehr präsent, ist der Wahlkampf schon angebrochen. Da will man die Bevölkerung auf der eigenen Seite wissen und 2G-Plus in der Gastronomie hätte den Nachteil, auch noch doppelt Geimpfte potenziell gegen sich aufzubringen, denn Testpflicht heißt Mühe und Aufwand und das erzeugt selten Freude. Die Ungeimpften sind sowieso schon aufgebracht und als potenzielle Wähler*innen womöglich schon verloren, da will man sich bei den ansonsten Vernünftigen nicht auch noch unbeliebt machen. 

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Was diese Überlegungen mit der tatsächlichen Bekämpfung einer Pandemie zu tun haben? Nicht viel, aber um faktenbasierte Entscheidungen geht es leider allzu häufig nicht, wenn Corona-Maßnahmen beschlossen werden. Anders ist der Schlingerkurs zwischen „Team Vorsicht“ und „Team Augenmaß“, zwischen Lockerungs-Versprechen und düsteren Unkenrufen nicht zu verstehen. So baut man jedenfalls kein bitter notwendiges Vertrauen in die Entscheidungen der Politik auf und das sollte der CSU und Markus Söder deutlich mehr Sorge bereiten als das Landtagswahlergebnis im Herbst 2023.