ifo-Institut veröffentlicht Schul-Studie: Hier ist Bayern ganz klar Schlusslicht
Autor: Agentur dpa
München, Montag, 13. Mai 2024
Hat im bayerischen Schulsystem jeder die gleichen Chancen? Das ifo-Institut sagt in einer neuen Studie ganz klar "Nein". Die Kultusministerin des Freistaats weist die Ergebnisse jedoch entschieden zurück.
Hier erhält der Freistaat schlechte Noten: Nirgendwo hängt die Chance auf den Besuch des Gymnasiums so sehr vom Elternhaus ab wie in Bayern. Zu dem Ergebnis kommt eine am Montag (13. Mai 2024) veröffentlichte Studie des Ifo-Instituts.
Die Studie vergleicht die Wahrscheinlichkeit eines Gymnasialbesuchs für Kinder aus Familien, in denen die Eltern kein Abitur haben und das Haushaltseinkommen nicht im oberen Viertel liegt mit der für Kinder aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil Abitur hat oder das Haushaltseinkommen im oberen Viertel angesiedelt ist.
Chancengleichheit an Bayerns Schulen? ifo-Institut mit alarmierenden Ergebnissen
Bundesweit ist es weniger als halb so wahrscheinlich (44,6 Prozent), dass Kinder aus eher benachteiligten Verhältnissen ein Gymnasium besuchen wie Kinder aus eher günstigen Verhältnissen. In Bayern liegt der Wert mit 38,1 Prozent noch deutlich darunter, der Freistaat ist nach Ifo-Angaben in der Berechnung Schlusslicht. Zum Vergleich: In Berlin liegt der Wert bei 53,8 Prozent, in Brandenburg bei 52,8. Chancengleichheit wäre bei 100 Prozent erreicht.
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Von einem "Totalversagen der Söder-Regierung in Sachen Chancengerechtigkeit" sprach die Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katharina Schulze. Nach wie vor bestimmten "der Abschluss und der Geldbeutel der Eltern über den Bildungserfolg der Kinder". Die Landtags-SPD forderte sofortige Maßnahmen und vor allem mehr Geld für die Schulen im Freistaat – und ein kostenloses digitales Endgerät für die Schüler der weiterführenden Klassen. "An vielen Schulen gibt es Tablet-Klassen, für die sich die Kinder entscheiden können. Aber die sehr teuren Tablets müssen die Eltern zahlen. Da ist doch klar, dass hier separiert wird – zum Nachteil der ärmeren Schülerinnen und Schüler", sagte SPD-Bildungssprecherin Nicole Bäumler.
Auch von Lehrern kam Kritik: "Bayern landet im Bundesländerranking auf dem letzten Platz, was die Bildungschancen betrifft", teilte der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) mit. "Kinder mit ökonomisch niedrigerem familiären Hintergrund besuchen deutlich seltener ein Gymnasium als Kinder, die familiär besser aufgestellt sind. Im Bildungsland Bayern, wo jeder dritte Euro in die Bildung investiert wird, darf bei diesen Ergebnissen nicht einfach weggeschaut werden."
Heftige Kritik von Opposition und Lehrern - Ministerin reagiert verschnupft
Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) kritisierte die Herangehensweise der Studie. "Die einseitige Betrachtungsweise der ifo-Studie, 'Chancengerechtigkeit' einzig und allein an den Besuchsquoten des Gymnasiums festzumachen, ist mehr als fragwürdig und gesellschaftspolitisch geradezu fatal. Bildungsgerechtigkeit bedeutet für mich, dass alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich nach individuellen Begabungen gefördert werden", sagte sie am Montag in München. "Die Studie setzt alle weiteren Schularten, Bildungs- und Berufswege massiv herab. Das ärgert mich sehr."
Die Studie berücksichtige auch nicht die Erfolgsaussichten des gymnasialen Schulbesuchs. "Die Wahl der falschen Schulart führt schnell zu Frustration und Überforderung." Bayern habe beispielsweise insgesamt die wenigstens Schulabbrecher.