Hohe Mieten bremsen Wirtschaft: "Mietmarkt wird zur Lotterie"
Autor: Nadine Wüste, Agentur dpa
München, Dienstag, 14. Oktober 2025
Die steigenden Wohnungsmieten belasten nicht nur die Menschen, sondern hemmen auch die wirtschaftliche Entwicklung der Städte. Forscher fordern dringend politische Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt.
Die immer weiter steigenden Wohnungsmieten belasten nicht nur Großstadtbewohner, sondern auch die Wirtschaft. "Wenn Arbeitskräfte sich die Wohnungen in den Metropolen nicht mehr leisten können, verlieren die Städte an wirtschaftlicher Stärke", sagt Oliver Falck vom Münchner Ifo-Institut.
Zusammen mit anderen Forschern hat er berechnet, dass neue Mietverträge in den sieben größten deutschen Städten im Durchschnitt 48 Prozent teurer sind als bestehende Verträge. Pro Quadratmeter sind das 4,48 Euro. Besonders groß ist die Differenz laut der Studie in Berlin mit rund 70 Prozent, gefolgt von München mit 45 Prozent und Hamburg mit 37 Prozent. In Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf liegen die Aufschläge zwischen 30 und 36 Prozent.
Hohe Mieten als Wachstumshemmnis für Städte
Seit 2013 seien die Mieten bei Neuverträgen um etwa drei Viertel gestiegen, während sie bei bestehenden Verträgen nur moderat zugenommen hätten. "Diese Entwicklung droht zum sozialen Sprengstoff und zum Wachstumshemmnis für Städte zu werden", sagt Falck.
Sein Mitautor Simon Krause beschreibt die "Schere" auf dem Wohnungsmarkt genauer: "Während Mieterinnen und Mieter im Bestand von regulierten und stabilen Preisen profitieren, zahlen Wohnungssuchende bei Neuverträgen erheblich höhere Mieten. Das kann bei gleicher Lage und gleicher Wohnungsgröße mehrere hundert Euro Unterschied bedeuten, der Mietmarkt wird zu einer Lotterie", sagt er. Das hat auch Auswirkungen darauf, wie stark Haushalte von der Miete belastet sind.
Bei Bestandsmieten sind es laut Ifo bei Haushalten mit niedrigem Einkommen seit Jahren stabil etwa 35 Prozent des Einkommens. Bei Neuvermietungen erreiche dieser Wert in Großstädten mittlerweile fast 50 Prozent. "Angesichts der großen Differenz zwischen der Miete in bestehenden Verträgen und Neuverträgen bleiben die Menschen lieber in ihren günstigen Wohnungen, auch wenn diese nicht mehr zu ihrer Lebenssituation passen. Das senkt die Mobilität der Menschen und beeinträchtigt ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt", sagt Pascal Zamorski, ein weiterer Mitautor.
Arbeitsmarkt stagniert, wenn Wohnungsmarkt erstarrt
Als Lösung sehen die Forscher die Politik in der Pflicht: Diese müsse stärker auf der Angebotsseite ansetzen und den Wohnungsbestand effizienter nutzen. Entscheidend seien niedrigere Kosten beim Bau sowie beim Kauf beziehungsweise Verkauf, schnellere Genehmigungen und gezielte Förderung bezahlbarer Wohnungen. Die Regulierung von Mietpreisen könne zwar dämpfend wirken, löse aber das Problem des knappen Wohnraums nicht.
Das Ifo steht mit seiner Analyse nicht allein. Erst vor einer Woche hatte das Pestel Institut aus Hannover einen ähnlichen Schluss gezogen. "Die Erstarrung der Wohnungsmärkte führt natürlich auch zur Erstarrung der Arbeitsmärkte, weil die Leute nicht mehr umziehen können, um Arbeitsplätze in anderen Regionen anzunehmen", sagte Pestel-Chefökonom Günther bei der Eröffnung der Münchner Immobilienmesse Expo Real. "Die Lösung der Wohnungsfrage ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung."